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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 52/53
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Ketzerfeld und Samitz zehnteten von jeder Hufe einen Malter
(12 Scheffel) Doppelgetreide (Weizen und Hafer); die andern
Ortschaften zumeist einen Scheffel Weizen und einen Scheffel
Hafer pro Hufe. Im ganzen dürfte sich die Dezemeinnahme der
Pfarre auf 900 Scheffel oder 75 Malter Doppelkorn belaufen
haben192). Jedenfalls war die Lübener Pfarre eine reiche Pfründe.
Sie wurde daher von der Mitte des XV. Jahrhunderts an öfter
an kirchliche Würdenträger verliehen, z. B. an die Breslauer Weihbischöfe Johannes von Pannewitz, Bischof von Symbalon193),
das heutige Balaclava in der Krim, und Heinrich von Füllenstein,
Bischof von Nicopolis194). Außerdem war mit der Lübener Pfarre
eine Präbende am Liegnitzer Kollegiatstift verbunden; wenigstens
werden die Lübener Pfarrer regelmäßig als Liegnitzer Canonici
bezeichnet195). Die Nachrichten über die Lübener Pfarre in der
vorreformatorischen Zeit finden sich im Anhange.
Im Gegensatz zur Pfarre war das Einkommen der Kirche
verhältnismäßig gering. Eigentliches Vermögen besaß sie an-
fänglich nicht. Eine Kirchenrechnung196) vom Jahre 1446 gewährt
einen gewissen Einblick in die Einkommensverhältnisse der Kirche.
Sie gleicht allerdings mehr einem Tagebuch über die Einnahme
und Ausgabe, weist aber wenigstens in der Einnahme bestimmte
Etatstitel auf: 1. de sepultura (anscheinend Grabstellengebühren);
2. von alde schulden vnd vor weym (augenscheinlich Einnahmen-
rückstände aus Vorjahren); 3. von dem cestel vnd vom seekeleyn

192 Rep. 28 O.A. Lüben I Acta betr. Rechnungen, Einkünfte usw.
der Kirche in Lüben. - Registrum annonarum ecclesiae parochialis
in Loben recepta per dominum Paulum Hoffmann praedicatorem 1516.
Danach belief sich der Eingang an Dezemgetreide auf ca. 42 Malter;
veranschlagt war die Jahreslieferung auf 75 Malter. Anschließend an
das Dezemregister folgen Register über gekaufte Zinsen und Erbzinsen
und census verosini; endlich Einnahmen de allodio (vermutlich Samitz)
und Erbzinsen von dort. Die Register sind mit Ausnahme des ersten
nicht vollständig. Burkmann, "Geschichtliche Nachrichten über die Lübener
Kirche" 1857, berichtet, daß die Pfarre 72 Malter Dezem und 1100 rtl.
Silberzinsen usw. besessen habe. In der Dreidingsrelation von 1615,
auf die sich B. beruft, steht davon nichts. Immerhin könnte die Nachricht
glaubhaft sein, da die Angabe betr. Dezemgetreide richtig ist.
193 Johann von Pannewitz wird am 5.3.1440 und 2.6.1441 im
Inkorporationsbuche des Bischofs Konrad (Diözesanarchiv II b 6) genannt.
194 Heinrich von Füllenstein wird in dem obenerwähnten registrum
annonarum 1516 und 7.7.1519 (Inkorporationsbuch des Bischofs Thurzo
a.a.O. I b 4) genannt.
195 In der bischöflichen Bestätigung des von Herzog Wenzel be-
gründeten Kollegiatstifts vom 3.6.1363 wird dominus Henricus de Lubyn
(der damalige Pfarrer Heinrich) als Inhaber eines Kanonikats bezeichnet.
Schirrmacher, Liegnitzer Urkundenbuch Nr. 236.
196 Rep. 28 O.A. Lüben, Acta betr. Rechnungen. Das Rechnungs-
jahr läuft von Aschermittwoch bis Fastnacht. ‚Caspar heyncz der alde
kirchenbetter hat geantwortet dem neuen kirchenbetter hanns selczer
XV m an gerattin gelde'.
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(Gotteskasten und Klingelbeutel)197), 4. bang czins vnd garten
czins (verschriebene Zinsen von Brot-, Fleisch- pp. Bänken und
Gärten); 5. Geschenke (z. B. 4 Mark Silbers und 1 Schock böh-
mische Groschen, von der menczelynne czu eyner taffil vff dacz hoe
altare, - oder: 40 Gulden von der michel schultissynne die mon-
strancie obir gulden); 6. Ingenommen von burgerrechte vnd
Innungen. Die Ausgaben sind einfach journalisiert, nur am An-
fange werden die für "weyen, wachs vnd weyrauch" gesondert
aufgeführt. Unter den übrigen befinden sich Quartalsbezüge für
Johann, den Glöckner, und Petrus, den Kalkanten, Ausgaben für
Reparaturen, Bauten, Ergänzung des Inventars, Reinigung der
Kirche und der Kirchenwäsche etc. Augenscheinlich hatte damals
schon der Umbau der Kirche begonnen; es erhalten die drei Tor-
wärter 2 Gulden, "dy dreskamer (Sakristei) vnd das neve gebaude
czu sperren vnd decken"; 5 gr. werden ausgegeben "vor eyne rynne
vff dacz newe gebaude", 3 Gulden dem Maurer Jakob, "den kor
mit czigil czu decken". Von den sonstigen Ausgaben seien einige
Stichproben mitgeteilt: 10 Gr. michel messerschmidt vor oblatyn
eysen, 5 Gr. vor eyn scheffil leyn czu slon vnd czu stampen, 3 Gr.
vor 1 clammer dacz crucifix czu hefften, 26 Gr. hern Görge
Schalmen der Kirche Passionali inczubinden, 3 Gr. des bischoffs
Jungen czum vertrinken vor die pallas vnd corporalien czu
weyen, 10 Gr. der seydelynne czu waschen von pallen, korröckel,
hanttucher vff natialem Christi, 1 Gr. do man dacz hungertuch an-
hengen sal, 2 Gr. eynem lauter pro dibalibus etc. Im allgemeinen
scheinen die Einnahmen die Ausgaben gedeckt zu haben. Die sehr
bedeutenden Legate, Stiftungen und Verschreibungen des XV.
Jahrhunderts brachten der Kirche keinen direkten Gewinn; die
betr. Bezüge waren zumeist für Altaristen, Messen, Anniversarien
und dergl. festgelegt.
Bereits am Anfange des XIV. Jahrhunderts bestand in Lüben
das Hospital zum heiligen Geist. In dem Formelbuche des Arnold
von Protzan wird bemerkt198), daß Bischof Heinrich auf Ansuchen

197 Die Klingelbeuteleinnahmen sind für die Sonn- und Heiligen-
tage verzeichnet. Sie betragen im Durchschnitt pro Gottesdienst etwa
30 gr. und steigen an Festtagen auf 4-5 Mark nach damaligem Gelde.
198 S.R.2682. Das Formelbuch, welches keine Daten enthält, ist
abgedruckt im Cod. dipl. Bd. V 188/9. Arnold von Protzan war Admi-
nistrator des Bistums in der Sedisvakanz zwischen Bischof Heinrich und
Bischof Nanker, also 1319-1326. Am 27.9.1305 ist Grabisius, Probst
zu Lüben, Zeuge (Schirrmacher a.a.O. Nr. 25). Er kann nur Propst
am Hospital gewesen sein; denn andere Pröbste hat es in Lüben nicht
gegeben. Somit würde die Gründung des Hospitals in die Zeit vom
Januar 1302 (Antritt Bischof Heinrichs) bis 27.9.1305 fallen. - Das
Steinauer Hospital war schon vor 1287 vorhanden und wurde 1316
Sitz des polnischen Priorats. cf. Schubert, Geschichte von Steinau 1885.
- Der Orden zum Heiligen Geist entstand im XII. Jahrhundert. Die
Ordensbrüder, fratres spiritus sancti, trugen auf der linken Seite des
schwarzen Oberkleides ein doppelt weißes zwölfspitziges Kreuz und