| - 350 - Kostenaufwande von 20 000 Mark wurde es im Jahre 1908 um-
 gestaltet und mit einer Zentralheizungsanlage versehen.
 Die Gehälter der Lehrer waren 1862 neu geregelt worden.
 Das Maximalgehalt sollte 500 rtl. betragen, das Anfangsgehalt
 schwankte zwischen 260 und 300 rtl. Die höchste Stufe wurde
 durch Alterszulagen erreicht, für welche keine bestimmte Skala
 nach Höhe und Zahlungstermin bestand. Wohnungsgeld wurde
 nicht gewährt. Eine Aufbesserung der Gehälter erfolgte durch
 Beschluß der städtischen Körperschaften vom 23. Oktober 1874.
 Vom 1. April 1890 ab wurde den Lehrern eine Wohnungsgeld-
 entschädigung von 6 2/3 Prozent des Gehalts gewährt; vom 1. Ok-
 tober d. J. an erhielten sie die staatlichen Alterszulagen. Weitere
 Aufbesserungen erfolgten 1897, 1900, 1902, 1906 und 1909 nach
 den gesetzlichen Bestimmungen. Die Aufwendungen der Stadt-
 gemeinde für das Volksschulwesen sind sehr erheblich, sie betragen
 ca. 40 000 Mark pro Jahr; 1911/12: 39 285 Mark gegen 1862:
 3467 rtl. gleich 11 601 Mark. -
 Aber auch das höhere Schulwesen bedurfte der Ausgestaltung
 und forderte steigende Opfer. Die Ausbildung der Töchter ge-
 bildeter Stände blieb der privaten unterrichtlichen Tätigkeit über-
 lassen. Frl. Therese von Auer, welche am 1. Oktober 1868 eine
 höhere Töchterschule eröffnete, konnte sich nicht halten, sie gab ihr
 Unternehmen nach Jahresfrist auf. Der französische Unterricht,
 der in der I. Mädchenklasse der Volksschule erteilt wurde, genügte
 vorerst dem noch bescheidenen Bildungsbedürfnis. Aber als 1888
 der gehobene Charakter der Klasse aufhörte, eröffnete alsbald
 Frl. Elise von Mark eine Privattöchterschule, deren Schülerinnen-
 zahl zwischen 30 bis 50 schwankte. Die geringe Frequenz bedrohte
 ständig die Existenz der Schule. Wiederholt mußte die Stadt
 ihren Zuschuß erhöhen: 1900 auf 800 Mark, 1902 auf 1500 Mark,
 1906: 90 Mark pro Kind bis zur Schülerzahl 40. Am 11. Februar
 1910 faßten die Stadtverordneten den Beschluß, die Schule vom
 1. April 1910 ab auf den Kommunaletat zu übernehmen und sie
 in eine öffentliche Schule umzuwandeln. Nun war es möglich,
 die genügende Zahl von Lehrkräften anzustellen und der Schule
 im evangelischen Gemeindehaus ein geräumiges Heim zu
 schaffen; die Zahl der Schülerinnen stieg auf 75. Die von der
 Stadt zu tragenden Kosten beliefen sich 1911/12 auf 4669 Mark.
 Schon im Jahre 1906 trug sich die Stadtverwaltung mit dem
 Gedanken, die höhere Knabenschule zu einem Progymnasium aus-
 zubauen. Es war nicht die Großmannssucht der Kleinstadt, die
 diesen Plan reifen ließ, sondern die Erkenntnis, daß den Söhnen
 der Beamten-, Offiziers- und Bürgerfamilien die Möglichkeit ge-
 boten werden müsse, ihre Ausbildung bis zum Erwerb des Zeug-
 nisses für den einjährig-freiwilligen Dienst abschließen zu können,
 ohne das Elternhaus verlassen zu müssen. Ein Vertreter des
 | - 351 - Provinzialschulkollegiums revidierte Ostern 1906 die Knaben-
 schule, daraufhin wurde sofort die Untertertia aufgesetzt. Leider
 war es nicht möglich, die erforderlichen Lehrkräfte zu gewinnen.
 Nur durch Heranziehung von Vertretern gelang es, die vier
 Klassen zu versorgen. Am 11. Dezember 1906 erklärten sich die
 städtischen Körperschaften grundsätzlich damit einverstanden, eine
 höhere Lehranstalt zu errichten, am 12. März/2. April 1907 folg-
 ten weitere Beschlüsse, vom 1. April 1908 ab die Knabenschule in
 ein Realprogymnasium zu verwandeln, zu dessen Leitung vom
 1. Oktober 1907 ab Dr. Caspari berufen wurde. Gleichzeitig voll-
 zog sich die äußerliche Trennung der neuen Anstalt von der
 Volksschule; erstere siedelte am 1.10.1907 in das evangelische
 Gemeindehaus über. Schon vorher (12. August 1907) war die
 Errichtung eines Gymnasialgebäudes auf dem alten Kirchhofe
 beschlossen worden; die Errichtung eines städtischen Alumnats
 wurde am 30. Oktober 1907 ins Auge gefaßt. Die Genehmigung
 des Ministers erfolgte am 12. Februar 1908, damit war der fis-
 kalische Zuschuß von 5000 Mark gesichert. So war man verhält-
 nismäßig rasch zum Ziele gekommen. Aber der Gedanken Flug
 ging höher und weiter: man erstrebte eine Vollanstalt. Drum
 ward am 13./16. Juli 1906 der Neubau eines Realgymnasiums
 für 9 Klassen, am 7. Mai 1909 die Errichtung eines weiteren
 Alumnats und am 15. April 1910 der Ausbau des Progymna-
 siums zum Vollgymnasium, möglichst vom 1. April 1911 ab, in
 Aussicht genommen. So schnell wollte es freilich nicht gehen;
 erst am 11. November 1911 erging der Ministerialerlaß, der dem
 Projekt die Genehmigung erteilte. Inzwischen war am 7. Mai
 1910 der Grundstein zum Neubau gelegt worden. Nach Jahres-
 frist - am 6. Mai 1911 - fand die feierliche Weihe des neuen
 Schulpalastes statt, der mit seinem steilen Dach ein treffliches
 Gegenstück zur evangelischen Kirche bildet. Daneben fand das
 Direktor-Wohnhaus seine Stätte, nachdem bisher das im Stadt-
 garten - Steinauer Straße 57 - gelegene Haus dem Schulleiter
 Dienstwohnung gewährt hatte. Nunmehr konnte der weitere
 Aufbau der Anstalt vonstatten gehen; 1912 wurde die Ober-
 sekunda, 1913 die Unterprima, 1914 die Oberprima eröffnet, und
 in den Kriegstagen 1914 verließen die ersten Muli das Lübener
 Gymnasium, nicht um zur Alma mater zu wandern, sondern um
 des Königs Rock zu tragen. Die alte Trivialschule, die bis auf
 kümmerliche Reste zusammengeschrumpft war, ist zu neuer Blüte
 erstanden.
 Von vornherein erfreute sich die Anstalt eines verhältnis-
 mäßig starken Zuspruchs, besonders von auswärts; sie zählte
 1908/09 in 5 Klassen 67, 1909/10 in 6 Klassen 111, 1910/11 bei
 gleicher Klassenzahl 155, 1911/12 164, 1912/13 in 7 Klassen 187,
 1913/14 in 8 Klassen 202 Schüler. Das Lehrerkollegium wuchs
 mit der Zahl der Klassen und ebenso der Etat, der mit ca. 58 000
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