Augustaheim: Altersheim und Säuglingsheim
Städtische Badeanstalt














Alters- und Augustaheim

Konrad Klose schreibt: "Ein von Frau Kreisrichter Mila 1871 gestifteter Frauenverein unterhält eine Suppenküche im Winter und sorgt für bedürftige Wöchnerinnen." Vermutlich war dies der Anfang für die später im Augustaheim geleistete Fürsorge für Frauen und Mütter, die später durch ein Altenheim erweitert wurde.

Eine Festschrift vom 1. Stiftungsfest 1928 ist erhalten. In ihr ist festgehalten, dass das Haus ein Jahr zuvor eröffnet wurde. Als Verantwortliche werden genannt, Schwester Bertha für das Altenheim, Schwester Gertrud für das Säuglingsheim, Fräulein Martha und Hanna in der Küche.

Die Einrichtung wurde nach Augusta Marie Luise Katharina von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811-1890), Ehefrau Kaiser Wilhelm I., Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen, benannt.


Altersheim. Dank an Tomasz Mastalski!

Altenheim

Augustaheim. Dank an Tomasz Mastalski!

Augustaheim (Säuglingsheim)

Links Altersheim, rechts Säuglingsheim. Dank an Tomasz Mastalski!

Auf einer Ansichtskarte, die 1932 verschickt wurde, wird das Haus nicht mehr Augustaheim genannt, sondern nur noch seine beiden Bestandteile Alten- und Säuglingsheim. Es handelt sich jedoch offensichtlich nicht um eine offizielle Umbenennung, denn auf späteren Aufnahmen - wie der folgenden - wird das Haus wieder Augustaheim genannt.

Augustaheim

Auf dieser Ansichtskarte von Reinhard Fitzner trägt das Haus zwar wieder den Namen Augustaheim, aber auf der Rückseite erfahren wir, dass hier im Jahr 1942 eine sogenannte Landesführerschule des DRK war. DRK-Schwester Elfriede hat ihr Zimmer angekreuzt und schreibt auf der Rückseite von den anstehenden Prüfungen.



Über das Ende des Altersheims

Ende Januar 1945 wurde hier von den deutschen Soldaten ein Verteidigungsstand eingerichtet. Das Augustaheim wurde geräumt und die Insassen, die nicht flüchteten, kamen in das daneben liegende Städtische Altersheim.

Dort waren inzwischen schon Guhrauer Diakonissen mit ihren Schützlingen eingetroffen. Auch ältere Leute aus der Stadt Lüben suchten dort Unterschlupf. Hierbei muß des Schmiedemeisters Rogner, Lüben, gedacht werden, der den Schwestern in diesen Zeiten eine große Stütze war. Schwester Bertha mit ihren "Altchen" (wie sie diese immer nannte) und die anderen Schwestern kamen auch noch unter, so daß das Haus wahrlich überbelegt war. Schwester Bertha war es gelungen, einen großen Teil der Lebensmittelvorräte, an denen ja im Augustaheim kein Mangel gewesen war, mit hinüber zu retten, wodurch die Ernährung gesichert war.

Durch ruhr- und typhusartige Erkrankungen verstarben jedoch gleich am Anfang mehrere der Insassen. Mit mir zusammen zogen im Juni 1945 in das Altersheim ein: Frau Liebich (früher Hotel "Grüner Baum") und Frau Meyer, geb. Zschau. Weiter suchten noch Unterkunft u. a. Stadt-Ober-Insp. Seiffert, Zimmermeister Müller mit Frau, Frau (Zahlmeister) Wolf, Wachtmeister Springer und zwei Fräulein Meier (Ziebendorf). Alle Genannten, außer Herrn Seiffert, sind noch im Herbst 1945 verstorben.

Als im Juni 1945 die Ausweisungen begannen, herrschte bei uns große Aufregung, da alle gehfähigen Leute fort sollten. Auch Schwester Bertha mit drei jüngeren Diakonissen mußte fort, so daß uns für das ganze Haus nur noch vier Schwestern blieben, von denen die beiden alten Schwestern aus Guhrau noch verstarben. Damals waren wir 80 Personen im Haus, und die Schwestern waren froh, wenn sich aus den Reihen der Insassen helfende Hände fanden. Die Betreuung brachte, so manche Schwierigkeit mit sich. Das Wasser mußte aus dem Hofe der Landkrankenkasse geholt werden, da dort noch eine gebrauchsfähige Pumpe war. Alte Männer zogen den ganzen Tag mit Bottichen und Kannen, die auf Resten von Wagen standen, hin und her. Für die vielen Insassen bekamen wir wöchentlich nur ca. 20 Brote zugeteilt. Bis Anfang November 1945 holten wir uns aus den zerschossenen Häusern die dort in den Kellern lagernden alten Kartoffeln. Eine Zeitlang durften wir uns Essen von den Russen aus dem ersten "Andersgut" holen. Wenn die Russen ein Rind geschlachtet hatten, waren wir schnellstens dabei und fabrizierten mit viel Mühe und Geschick aus den Gedärmen etwas Eßbares. Die großen Maggisuppenvorräte das Augustaheimes waren für uns eine bedeutende Hilfe. Wenn in der Nähe des Altersheimes eine Viehherde weidete und diese gemolken worden mußte, dann fiel öfters auch etwas für uns Insassen ab. Die inzwischen reif gewordenen Kürbisse spielten in der Ernährung eine große Rolle.

Nach sechs Wochen kam plötzlich Schwester Bertha mit zwei Insassen zu uns zurück. Für die damaligen Begriffe lebten wir ruhig. Immer wieder verstarb eines von den Altchen, die wir anfangs im Garten hinter dem Altersheim begraben mußten. Einige Tage vor Weihnachten 1945 wurde unsere Verlegung nach Ober-Gläsersdorf angeordnet, weil das Haus angeblich als polnisches Landratsamt benötigt wurde.

Wir waren bis auf 36 Personen zusammengeschrumpft und wurden in Ober-Gläsersdorf zur Hälfte im ehemaligen NSV-Kindergarten und der Rest im sogen. Briefträgerhaus untergebracht. Ich selbst wohnte im Pfarrhaus. Hier waren wir hauptsächlich auf die Mildtätigkeit der Deutschen angewiesen. Von den Polen erhielten wir nur gegen Tausch (z. B. Wäschestücke, die wir mitgenommen hatten) Lebensmittel. Ich selbst kam im Juli 1946 heraus. Das Altersheim wurde mit den letzten Insassen 1947 ausgewiesen.

Das, was sich hier in dieser Zeit an Schwierigkeiten den Schwestern und all denen, die sich mitverantwortlich fühlten, entgegenstellte, wurde gemeinsam gemeistert. Hier wurde die Nächstenliebe, die so oft gepredigt wird, in die Tat umgesetzt und versucht, den alten Leutchen ihren nunmehr so steinigen Lebensweg zu ebnen. M. Hü.

Quelle: Lübener Heimatblatt 9/1953, Bericht von Marie Hübner (1878-1962), Witwe des 1945 umgekommenen Arztes Dr. med. Paul Hübner