Allerlei Zeitdokumente - 1861
Das Unglück des Bäckers Härtter
Post zwischen 1872 und 1935














Ein bewegendes Dokument der Not eines Bäckermeisters aus Zedlitz bzw. Lüben im Jahr 1861 und seines Vertrauens in den Beistand der Mitglieder seiner Innung. Leider taucht der Name Härtter in keinem der mir vorliegenden Dokumente aus der Nachkriegszeit auf. So werden wir wohl nie erfahren, wie sich das weitere Schicksal der Familie Härtter gestaltet hat. Dass so ein Rundschreiben überhaupt in Erwägung gezogen wurde, lässt jedoch hoffen, dass es ein Echo gab!

An den Vorstand der Löblichen Bäcker-Innung zu Münsterberg Poststempel Lüben 27.1.1861

Ein großes Unglück hat mich am Sonnabend, dem 28. Dezember Abends, betroffen.
Ich bewohnte nämlich ein Haus mit noch 5 andern Familien in Zedlitz, wo ich mich durch die Bäckerei zu ernähren suchte, und am Sonnabend Abend brach dort, aus bis jetzt noch unbekannter Veranlassung, Feuer aus; das Haus ist nicht allein niedergebrannt, und 6 Familien dadurch obdachlos geworden, sondern wir sind auch nur mit dem nackten Leben davongekommen und haben meistens unser Hab und Gut verloren. Ich bin bereits 63 Jahre alt, seit dem Jahre 1823 war ich Bürger in Lüben, und durch mehrere Jahre Obermeister. Harte Schicksalsschläge haben jedoch meinen Vermögensstand zerrüttet, und muß nun bei meinem vorgerückten Alter Noth leiden.
Bei der Unmöglichkeit, die geschlagenen Wundern aus eigenen Mitteln uzu heilen, da ich gegen Feuersgefahr nicht versichert bin, wende ich mich vertrauensvoll an meine hochgeehrten Mitmeister der umliegenden Städte, und hoffe, daß mir ein Scherflein zur Linderung meiner Noth zufließen wird. In diesem Vertrauen bitte ich daher flehentlich, mir hülfreich bestehen zu wollen. Jede, auch die kleinste Gabe, werde ich mit dem wärmsten Danke entgegennehmen, und mir dadurch möglichst wieder aufzuhelfen suchen.
Lüben, den 30. Dezember 1861,
Härtter, Bäckermeister

Der Bäckermeister Härtter hat in Vorstehendem seine Lage wahrheitsgetreu dargestellt, und fühlen wir uns gedrungen, sein Gesuch um milde Unterstützung angelegentlich zu befürworten, mit der Versicherung, daß wir in ähnlichen Fällen ebenvalls bereit sein werden, unsere von Unglück betroffenen Mitmeister zu unterstützen.
Lüben, am 30. Dezember 1861
Die Bäcker-Innung
Obst, Obermeister


Ein Foto zeigt die Obermeister der Handwerksinnungen der 1930er Jahre. Damals war Bäckermeister Obst schon nicht mehr Obermeister, sondern Bäckermeister Paul Schreiber.