Zeitdokument 1945
Ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter Anton schreibt an seine Jadwiga
Aktuelle Fundstücke














Diese schöne Ansichtskarte von Raudten aus den 1940er Jahren wurde kürzlich im Internet versteigert. Der polnische Text machte mich neugierig und Jacek Hayder hat ihn dankenswerter Weise übersetzt. Ein Zeitzeugnis, das berührt!

Liebe Jadzia (Jadwiga)!
Ich schreibe dir ein paar Worte. Ich teile dir mit, dass ich in Freiheit bin, und morgen nach Pilgramsdorf komme. Ich schreibe keinen Brief, weil ich nicht viel Zeit habe, aber du schreib mir. Ich werde dir alles erzählen, was mir geschehen ist. Bitte antworte mir unbedingt. In Liebe Antek (Anton).

Dass Anton die Koseform des polnischen Mädchennamens Jadwiga - also Jadzia - verwendet, die Karte aber an die deutsche Namensform "Hedwig" adressiert ist, weist darauf hin, dass Zwangsarbeiter und andere ausländische Gefangene einen deutschen Vornamen annehmen mussten. Es ist zu vermuten, dass Jadwiga in Ottendorf ebenfalls Zwangsarbeiterin war.

Dass Anton frei ist, ist ein Hinweis darauf, dass der Krieg zu Ende ging. Mit dem Eintreffen der sowjetischen Front endete für Gefangene und Zwangsarbeiter ihr Martyrium, wenn sie nicht kurz vorher noch auf Todesmärschen ermordet wurden.

Auf der Suche nach Spuren dieser Jadwiga Sowula fand ich nebenstehende Todesanzeige aus dem Jahr 2013.
W dniu 14 października 2013 roku
odeszł od nas w wieku 87 lat
ŚP
Jadwiga Sowula
Msza święta żałobna odbędzie się
23 października 2013 roku o godzinie 10:30
w kościele pw, św. Wincentego na Bródnie (murowany),
po której nastąpi odprowadzenie do grobu rodzinnego.
O czym zawiadamia pogrążona w głębokim smutku rodzina
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Am 14. Oktober 2013 verstarb im Alter von 87 Jahren Jadwiga Sowula. Die Totenmesse findet am 23. Oktober 2013 um 10.30 Uhr in der Kirche, St. Vincent Bródno statt. In tiefer Trauer
die Familie
Ob es sich bei dieser Anzeige tatsächlich um die Jadwiga Sowula handelt, an die ihr Freund Anton geschrieben hat, ist nicht mehr aufzuklären. Aber sie könnte es gewesen sein, die wie so viele andere als 18jährige nach Deutschland verschleppt worden ist, um ihre Arbeitskraft dort auszubeuten. Wichtig wäre, dass sie überlebt hat. Vielleicht finden ihre Angehörigen diese deutsche Website und sind froh, dass an ihr Schicksal erinnert wird!