Großvaters Feldpostbrief Nr. 6 aus dem Jahr 1945














Feldpostbrief Streckenbach, Kr. Jauer, 24.2.45

Meine innig geliebte Mama!
In der Hoffnung, daß Du von mir Post
erhalten hast, will ich Euch Allen auch
heute einen Sonntagsgruß senden. Heute
vor 5 Wochen brachtest du den Einberufungs-
befehl ins Geschäft. Was hast du und ich
schon während dieser Zeit erlebt. Man
darf gar nicht daran denken. Es ist nur
gut, daß Ihr bei Lotte seid, denn hier sind
noch dauernd Trecks unterwegs. Heute
sprach ich mit welchen aus Schwarzau,
die hier durch kamen (Jüttner u Glatz).
Hier ist sehr schlechtes Wetter, ein Dreck, fast
nicht zum durchkommen. Gestern war ich noch
in Gottesberg und Waldenburg, heute in
Kauffung, mit Munition. Liebe Mama,
gesund und munter bin ich, hoffentlich Ihr
auch Alle. Essen ist ganz gut, ich wünschte,
ich könnte Euch was mit abgeben, denn
es wird sehr knapp werden. Ich denke noch
immer an Deine lb. Zeilen an Schulz Anny.
Hast recht, liebste Mama, um 10 Jahre sind
wir älter geworden, aber in der Hoffnung
auf ein Wiedersehen werden wir wieder jung.
Ich bin Tag und Nacht mit meinen Gedanken nur
bei Euch. Wie mag es nur in Lüben aussehen?
Unser schönes Heim und Geschäft. Ich möchte
Dich gern wie ich jetzt aussehe besuchen,
dreckig, langer Bart und sonst der Lage
entsprechend. Hätte ich nur bald mal
Post von Euch. Habe schon oft an Deine Worte
gedacht vom letzten Tag. Wir hätten uns noch
soviel zu sagen und keiner konnte es. Wie
geht es Ulla u. Kder. Herzliche Sonntagsgrüße
für morgen mit tausend Küßen von
Deinem Dich liebenden Papa. Desgl. auch an Lotte
Ulla u. Kinder!