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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 116/117
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eine so ungesunde Luft wehe, und viele daran sterben; ich will
einmal auf den Boden gehen und nachsehen. Er stieg hinauf,
öffnete die Dachluke und beobachtete den Zug der Wolken, die
gegen die Stadt heraufzogen. Dabei wurde ihm unwohl; er ge-
langte mit Mühe hinunter in die Stube, legte sich zu Bette, und
bald brach die Pest bei ihm aus. Auch seine Frau wurde von der
Krankheit ergriffen. Beide wurden die ersten Opfer der Pest und
wurden am 13. Mai miteinander beerdigt. Im allgemeinen trat
die Seuche leicht auf; sie forderte nur 118 Opfer. Der Glöckner
Matthias Berndt hat ein sehr sorgfältiges Register über die durch
die Pest hinweggerafften Gemeindeglieder geführt, sodaß wir
über das Auftreten der Epidemien in den Jahren 1630-34 genau
orientiert sind.
Noch vor dem Ausbruch der Pest - im März 1630 - erhielt
die Stadt eine Kompagnie Lichtensteiner unter dem Kapitän
Christoph von Sack zur Einquartierung435). Gelegentlich werden
auch Furiere aus dem Gräflich Wallsteinischen Regiment erwähnt,
von dem eine Abteilung unter Hauptmann Gall zeitweilig in der
Stadt Quartier bezog436).
Das Jahr 1631 ließ sich anfänglich ruhig an; auch die Pest
schien erloschen zu sein. Am 19. Juli indes starb ein 14jähriges
Mädchen unter pestverdächtigen Erscheinungen. Man begrub die
Leiche in der Stille bei Nacht, wohl in der Hoffnung, daß der Fall
vereinzelt bleiben würde. Aber die Seuche griff bald mit unheim-
licher Schnelligkeit um sich; ganze Familien wurden hinweg-
gerafft, z. B. wurde eine Mutter mit drei Kindern an einem Tage
begraben. Von den 838 Todesfällen des Jahres kamen 550 auf
das Konto der Pest. Etwa 15 Personen fand man tot in Scheunen
und Hütten außerhalb der Stadt. "Habemus Dominum salvantem
et a morte liberantem, Ps.68, illi gloria!" ("Wir haben einen
Herrn, der da hilft und vom Tode errettet; Psalm 68, Vers 21;
ihm gebührt der Ruhm!") bemerkte der Glöckner am Schlusse
seiner Eintragungen. - Quartierlasten blieben der Stadt in die-
sem Jahre erspart. Indes wurde im Herbst die Lage unsicher,
wie sich überhaupt die Folgen der vielfachen Truppenbewegungen
allmählich geltend machten. Am 14. Oktober wurde ein Kind aus
Großkrichen nach Lüben zur Taufe gebracht, "weil sie keinen
Pfarrer gehabt". Die Taufe wurde "auff'm alten Kirchhoffe im
Kirchel" vollzogen, "dieweil es ziemlich unrichtig draußen ge-
wesen". Drum hielt man die Tore geschlossen.
Im folgenden Jahre - 1632 - grassierte die Pest zwar
weiter, trat aber gutartiger auf. Sie erlosch im Mai, setzte aller-
dings im September wieder ein, hatte jedoch im ganzen nur
108 Todesfälle zur Folge. Ernster gestaltete sich damals die

435 Schubert, Geschichte der Stadt Steinau a.O. 1885 Seite 61.
436 Laut Notizen in den Kirchenbüchern.
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