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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 118/119
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Kriegslage für Schlesien. Die Hoffnungen der Protestanten
waren auf Gustav Adolf gerichtet, der am 27. September 1631
bei Breitenfeld gesiegt und sich dann nach Süddeutschland gewandt
hatte, während den Sachsen und Brandenburgern die Eroberung
der österreichischen Erblande überlassen blieb. Der sächsische
General Arnim brach in Schlesien ein. Anfang August lagerte
er bei Liegnitz und drang von hier durch die Heide in Eilmärschen
gegen Glogau vor. Unterwegs wurde Lüben berannt, anscheinend
aber nicht genommen437). Arnim war es um Glogau zu tun, das
am 5. und 6. August erstürmt wurde. Von hier sandte er eine
Abteilung unter Oberst Kalkstein gegen Lüben. Es wurde mit
leichter Mühe erobert438). Die Sachsen erbeuteten hier mehrere
Wagen mit rotem und weißem Tuch, sowie 5000 Paar Schuhe,
die für die Kaiserlichen bestimmt waren. Von Lüben aus eroberte
Kalkstein die Steinauer Schanzen, mußte sich aber vor dem kaiser-
lichen Heere, das unter Illo und Maradas gegen die Oder vor-
rückte, zurückziehen. Die Schanzen fielen wieder in die Hände der
Kaiserlichen. Inzwischen zog Arnim in Glogau die Schweden
und Brandenburger unter Duval an sich, sodaß er im ganzen
über 15 000 Mann verfügte439). Mit ihnen lagerte er am 28.
August bei Raudten. Am folgenden Tag erstürmte er Steinau,
das in Flammen aufging, und bezog am Abend ein Lager bei
Tauer. Am andern Tage wurden die Schanzen genommen, nach-
dem sie von den Kaiserlichen aufgegeben worden waren. Steinau
war zum Aschenhaufen geworden; nur die Kirche und ein paar
Häuser waren stehen geblieben. Die Bewohner wurden zum Teil
unter schwedisch-sächsischem Geleit von Sigmund von Nostitz in
Dammitsch aufgenommen; ein andrer Teil wurde unter Bedeckung
nach Lüben überführt. Ihnen verabfolgte Balthasar von Niese-
meuschel auf Oberau einen Malter Korn, der zu Brot verbacken
und von den Steinauer Ratsverwandten an die Flüchtlinge ver-
teilt wurde440).
Auf die sächsische flogte schwedische Einquartierung. Teile
des Regiments des Grafen Georg von Krafforth, Herrn auf
Lyndsee, das zu der Abteilung Duvals gehörte, scheinen in Lüben
Winterquartiere bezogen zu haben. Später begegnen wir Ange-
hörigen des Wels'schen Regiments, von dem 6 bis 7 Soldaten
in Lüben starben441).

437 So berichtet Herzog Georg Rudolph am 11.8.1632, Staats-
archiv Rep. 28 VII 1 c.
438 Schubert a. a. O. S. 62. Ebendso das folgende.
439 cf. zum Folgenden außer Schubert a. a. O. noch Täglichsbeck
"Die Gefechte bei Steinau a. O." 1632 und 1633.
440 Schubert a. a. O. Seite 64.
441 Am 9.8.1632 läßt der Soldat Kutsche von der kursächsischen
Armee ein Kind taufen; am 17.8. stirbt ein Soldatenknabe, "zur kur-
sächsischen Armee gehörig"; am 28.8. sind Taufen eines Wagenmeisters
und des Wagenknechts Christoph Börner vom Rostockischen Regiment;
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Ein Schreckensjahr für die Stadt wurde das Jahr 1633.
Furchtbar wütete die Pest, die im Mai aufs neue ausbrach. Ein-
zelne Familien wurden schwer heimgesucht; Eltern und Kinder
wurden oft in dasselbe Grab gelegt. Der Glöckner Berndt machte
am Ende des Jahres folgenden erschütternden Abschluß: "Sindt
demnach dieses vergangne 1633. Jahrs an der giftigen Seuche
und Pest bey der Stadt vnd auf den eingepfarrten Dörfern, so
auf'm Gottesacker begraben, 493. Wenn zu den 493 Personen
gerechnet werden diejenigen, welche weder Außleuten noch Dank-
sagung bestellet worden: 1108 Personen gestorben, ohne die, so
auf den Dörfern von den Ihrigen aus Armuth verschorren; item
39 Personen, theils Soldaten, theils frembdes Paurenvölklin,
so auf den Strasen und umb die Stadt totgefunden. - Werden
auch noch miteingerechnet diejenigen, welche vergangenen Jahres
mit Christlichen Ceremonien und Schulen begraben worden, deren
Zahl gewesen 374. Das sich also die Anzahl aller Verstorbenen,
so auf unserem Gottesacker begraben worden, das vergangene
1633. Jahr erstrecket auff 1521 Personen".
Gegen Ende des Jahres zog sich das Kriegsunwetter sehr
bedrohlich um Lüben zusammen. Wallenstein hatte im Sommer
Verhandlungen mit Arnim angeknüpft, sie aber im September
abgebrochen und die Kriegsoperationen energisch in Angriff ge-
nommen, um den Argwohn, den man in Wien gegen ihn hegte,
zu zerstreuen. Durch eine Bewegung gegen Zittau lockte er
Arnim nach Kursachsen. Nachdem ihm diese Täuschung gelungen
war, kehrte er in Eilmärschen nach Schlesien zurück und stand am
9. Oktober bei Goldberg, während seine Avantgarde unter Schaff-
gotsch nach Eroberung Goldbergs und der Gröditzburg am 8. Ok-
tober bereits bei Lüben lagerte442). Als hier am 8. Oktober der
12jährige Sohn des Tuchmachers Simon Schmidt, der an der
Pest gestorben war, begraben werden sollte, mußte der Vater selbst
den Akt vollziehen "wegen gefahr der Kayserlichen fölcker vnd
armee, welche umb vnd bey vnser stadt geleget, vnd hernach auff
die Steinaw gegangen". Das Lager Schaffgotsch's soll sich auf
den Äckern hinter der Eisenbahnbrücke befunden haben443), wo
wiederholt Münzen brandenburgischen, schlesischen und kaiserlichen
Gepräges gefunden worden sind, die, nach den Jahreszahlen zu
schließen, aus dem Dreißigjährigen Kriege stammten. Schaff-

am 19.9. stirbt "ein Tragoner mit Nahmen Bartholomei unter des
Kalksteiners Regiment". - Am 6.10. ließ Leutnant Johann Eberlehn,
am 30.11. Korporal Albrecht Albrechtsohn, am 2.12. Quartiermeister
Andreas Krause, sämtlich vom Krafforthschen Regiment, Kinder taufen.
- Am 2.9. wurde "ein Badergesell von der Steinaw begraben, so im
Kayserlichen Läger geschossen worden".
442 Täglichsbeck a. a. O.
443 Angabe des Organist Heinrich im Lübener Stadtblatt vom
9.12.1886.