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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 128/129
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in Verteidigungszustand und wandte sich dann nach dem Gebirge.
Den Oberbefehl über die kaiserliche Besatzung, die Lüben nun-
mehr wieder erhielt, führte "der Haubtmann und Kaiserliche
commendant" Hans Christoph Gemöhl. Er forderte474) am
26. Oktober von Raudten Geld und Getreide für die Lübener
Garnison und von den Ortschaften des Raudtener Weichbilds
"eine Anzahl Werck", das die Seiler zu Lunten verarbeiten soll-
ten. Das Weichbild Raudten (außer der Stadt) mußte wöchentlich
15 Floren, 1 Malter Hafer und 3 Scheffel Korn nach Lüben
liefern. Die Beträge gingen nur spärlich ein. Fortgesetzt mahnte
der Herzog, und von Lüben aus wurde mehrfach mit Exekution
gedroht.
Das kaiserliche Heer bezog zeitweilig Winterquartiere bei
Kotzenau475). Infolgedessen flüchteten die Landleute wieder nach
Lüben. Es konnten auch für die am 13. April 1640 in Barschdorf
in Polen verstorbene Gemahlin des Sigmund von Rothkirch auf
Klein-Krichen "die Adelichen ceremonien der gefahr wegen in
Braunau nicht angestellet werden", sondern es wurde in Lüben
für sie am 19. März 1641 eine Leichenpredigt von dem Pastor
von Lerchenborn gehalten. Im Frühjahr wandten sich die Kaiser-
lichen nach Oberschlesien, während Stalhantsch in Brandenburg
und der Lausitz operierte. Am 8. Juni erschien er plötzlich, von
Bunzlau kommend, in Haynau476), nahm dort Hauptquartier und
zog dann gegen Lüben. Er ängstigte die kaiserliche Besatzung
solange mit Feuerkugeln und Bomben, bis sie am 13. Juni
kapitulierte und Stadt und Schloß den Schweden räumte477). Auf
schwedischer Seite fielen der "Stückmeister bei der königlich schwe-
dischen Artillerie" Elias Hartung478) und der Leutnant Graba
von Mördenitz479). Auch der Gärtner Christoph Arnold aus
Petschkendorf wurde dabei "vorm schloß erschossen". Bald darauf
fiel auch die Heinzenburg in die Hände der Schweden480); der
kaiserliche Kommandant, ein Oberstleutnant vom Regiment Gon-
zaga und ein anderer Offizier desselben Regiments fielen. Die
Schweden erbeuteten viel Proviant und Munition. Im kaiser-
lichen Lager war man über den Verlust der Feste so erbittert, daß
man die vom Sieger entlassenen Offiziere "exequiren" ließ. Die
Eroberung der Heinzenburg war der letzte Erfolg des schwedischen

474 H. Söhnel, Beiträge zur Geschichte der evang. Pfarrkirche in
Raudten, Seite 56.
475 Theatrum Europ. IV 606. Später rückten die Kaiserlichen nach
Neiße.
476 Liegnitzer Kriegsprotokolle Seie 61.
477 Lucae Denkwürdigkeiten Tl. II. Das Datum ergibt sich aus
den kirchlichen Registern.
478 Begraben 14.6.
479 Desgl. 13.6.
480 Nach Theatr. Europ. VI, S. 607, erfolgte die Eroberung Ende
Juli, nach den Liegnitzer Kriegsprotokollen erfolgte sie am 27. Juni.
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Generals. Er mußte sich vor der feindlichen Übermacht zurück-
ziehen und entging bei Beuthen nur durch einen kühnen Flanken-
marsch der drohenden Umzingelung. Die kleine schwedische Be-
satzung in Lüben hielt sich, obwohl völlig isoliert, bis zum Winter.
Sie gehörte zum Regiment Steenbock und stand unter dem Kom-
mando des Kapitän Johann von Essen481). Am 14. Dezember
brach der Oberst und Kommandant von Liegnitz Monteverques
"zur Rekucherierung und Befreiung des fürstlichen Hauses zu
Lüben auf, darein ein Schwedischer und wie vorgegeben ein
Holander sich mit etlichen 50 Mann gehalten"482). Es wurden
zwei halbe Karthaunen und vier Wagen voll Munition mitge-
nommen, am 16. Dezember wurden zwei Feldstücke mit einiger
Munition nachgeschickt. Tags darauf erschien auch der Feldzeug-
meister Fernemont und der kaiserliche Generalfeldmarschall Herzog
Franz Albrecht von Lauenburg anscheinend mit zwei Regimentern
vor Lüben. Dem Feldzeugmeister wurde "ein Present von etwas
Viktualien zugesandt, so Herr Kaspar von Hohberg präsentieret".
Am 18. Dezember wurde eine so heftige Kanonade eröffnet, "daß
der schwedische Kommandant des Schlosses um Akkord geruffen
vnd auff Gnad und Vngnad sich ergeben, darinnen er als Kapi-
tain neben einem Lieutenant-Serganten, Captain d'Armes vnd
45 Mann gelegen, nur er vnd sein Lieutenant nach Crossen ge-
lassen, die andern vntergestossen, vnd also dieses Schloß nicht nur
vorm Jahre im Augusto, sondenr auch jetzt diß Jahr dem Stal-
hansen zum andern mahl wieder abgenommen, nunmehr aber
durchs Kanonieren nicht wenig beschädigt worden". Das Schloß
war allerdings völlig zusammengeschossen, sodaß nur die Um-
fassungsmauern ohne Fenster, Tore und Gemächer stehen geblie-
ben waren483).
Am andern Tage - 19. Dezember - marschierte der Herzog
gegen die Heinzenburg und begann am 20. Dezember die Be-
schießung484). Der Kommandant der Feste, ein Leutnant, "legte
sich nach 30 Schüssen gar zeitlich zum Accord vnd nebst seinem
Feldwebel mit zwanzig Mann, völligem Gewehr, Sack vnd Pack
auch brennenden Lunten auß vnd nach Crossen zog".
Im Anfang des folgenden Jahres - 1642 - dauerte in
Schlesien das Übergewicht der Kaiserlichen zunächst noch an, bis
im April der geniale Feldmarschall Torstenson nahte, das Stal-
hantsche Korps an sich zog und mit 18 000 Mann die schlesische
Grenze überschritt. Am 4. Mai nahm er Glogau mit stürmender

481 Nach Notizen in den Kirchenbüchern; übrigens wird auch ein
Soldat vom Regiment Axel Lilie genannt.
482 Liegnitzer Kriegsakten, Kriegstagebuch des Mag. Leonhard Baudis,
S. 77/78, und Theatr. Europ. IV 589. In letzterem wird nach dem
alten Stil der 8. Dezember als Tag der Einnahme Lübens genannt.
483 So Lucae in seinen Denkwürdigkeiten.
484 Nach Theatrum Europ. IV 589.