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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 126/127
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kam es bei Lüben zu einem Gefecht zwischen den Schweden und
Kaiserlichen463). Erstere siegten und nahmen den Oberstwacht-
meister der Burgischen Reiter gefangen; der Kornett Jakob von
Petersdorff und der Wachtmeister Christian Burg von Krusen
fielen464). Die Stadt wurde geplündert aber nicht besetzt, nur
einige Ratsherren wurden als Geiseln mitnach Beuthen ge-
führt465). Noch gefahrdrohender wurde die Lage für Nieder-
schlesien, als das schwedische Korps im Oktober in dem General-
major Stalhantsch einen erfahrenen Heerführer und gleichzeitig
erhebliche Verstärkungen erhielt, sodaß der kaiserliche Oberbefehls-
haber Graf Mansfeld ihm nicht gewachsen war. Stalhantsch
unternahm einen kühnen Streifzug bis Steinau, erstürmte An-
fang Dezember nach dreitägiger Belagerung Lüben466), um von
hier aus weiter bis Striegau zu eilen und allenthalben zu brand-
schatzen. Am 9. Dezember berichtete467) Herzog Georg Rudolph
erneut an den Oberlandeshauptmann über den elenden Zustand
seines Fürstentums: Die feindliche Armee habe zwischen Lüben
und Parchwitz gelagert, Lüben befinde sich nebst dem Schlosse in
Feindesgewalt. Die Häuser in Lüben und Herrnstadt nebst den
herzoglichen Vorwerken und Dörfern seien durch Kanonen und
auf andere Weise verderbt; die Kirchen erbrochen, die Leute be-
raubt, das Weibsvolk geschändet, viel arme Leute niedergemacht,
Pferde, Vieh, Vorräte weggeschleppt u. dergl. mehr. - Wer sollte
helfen, so sich unter den Schrecknissen des bereits 22 Jahre
währenden Krieges die Bande der Disziplin und Ordnung je
länger je mehr lösten! Scharenweise strömten die Landleute in
die Städte. Auch Lüben wurde der Sammelplatz der Dorfbe-
wohner. Nicht bloß aus der nächsten Nachbarschaft nahmen die
Dorfleute hier ihre Zuflucht; sie kamen auch, wie die Kirchenbücher
erweisen, von Töschwitz, Kotzenau, Seebnitz, Spröttchen und ent-
fernten Orten.
Die schwedische Besatzung unter Kapitänleutnant Abraham
Kimmel blieb den Winter über in der Stadt. Lüben bot anschei-
nend dem General Stalhantsch einen günstigen Stützpunkt, um
von hier aus auch im Winter Streifzüge zu unternehmen. Am
21. Januar plünderte er Haynau und führte Bürgermeister und
Notar nach Lüben, um von der Bürgerschaft ein größeres Lösegeld

463 Ratsarchiv Liegnitz 314. Kriegsprotokolle.
464 Notizen in den Kirchenbüchern.
465 Totenregister: Am 15. Oktober starb in Beuthen der Stadt-
schöppe Abraham Seifert, "dahin die Schwedischen Völcker ihn nebst 2
andern als einen geisel geführet".
466 So Grünhagen, Geschichte Schlesiens II 285. Ueber diese Er-
oberung der Stadt hat sich weder in den kirchlichen Registern noch in
den vorhandenen Quellen irgendwelche Andeutung gefunden. Bei Grün-
hagen findet sich keine Quellenangabe.
467 Rep. 28 VII 1c.
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zu erpressen468). Inzwischen erhielten die Kaiserlichen Verstär-
kungen und einen neuen Führer in General Golz, der bald zur
Offensive überging. Am 30. März wurden 100 Mann zu Fuß
von der Liegnitzer Besatzung gegen Lüben entsandt; es gelang
ihnen, die Stadt zu nehmen, während das Schloß von der schwe-
dischen Besatzung behauptet wurde469). Am 1. April erschien
General Golz mit größerer Truppenmacht bei Lüben, zog aber
bald weiter gegen Beuthen. Vermutlich beauftragte er den Stadt-
kommandanten von Liegnitz Monteverques mit der Eroberung
des Lübener Schlosses. Am 7. April unternahm der Hauptmann
Manary von Liegnitz aus eine Rekognoszierung gegen Lüben470);
dabei wurde er erschossen. Am 18. April erfolgte ein neuer Vor-
stoß der Kaiserlichen; sie sprengten die Pforte bei der Lübener
Kirche mit einer Petarde und plünderten die schwedische Bagage

in der Stadt. Das Schloß vermochten sie nicht zu nehmen471). Im
Laufe des Sommers wiederholten sich die Scharmützel in der
Umgegend von Lüben. Die Kaiserlichen hielten Kotzenau besetzt
und beunruhigten von dort aus die schwedischen Truppen472).
Endlich machte General Golz diesem Zustand ein Ende. Am
24. August schloß er die Stadt ein473), ließ sie am folgenden Tage
mit Feuerkugeln bewerfen, schnitt ihr die Wasserleitung ab, er-
oberte sie und gab sie der Plünderung preis. Am 30. August
kapitulierte die 70 Mann starke Besatzung des Schlosses, die sich
solange tapfer gehalten hatte, da sie auf Entsatz durch Stalhantsch
rechnete. Die Offiziere wurden nach Beuthen entlassen, die Sol-
daten untergesteckt. Golz versetzte die Stadt und das Schloß wieder

468 Ratsarchiv Liegnitz 314 Kriegsprotokolle. Auch das Folgende ist
zumeist den Liegnitzer Kriegsprotokollen entnommen.
469 Am 31.3. wurde der Tagearbeiter Christoph Tschernik, aus
Polkwitz stammend, in Lüben begraben, "uff'm Schantzen vorm Schlosse
erschossen". - Polkwitz war von 1639 ab fast ganz unbewohnt; einzelne
Polkwitzer hielten sich in Lüben auf, darunter auch der Bürgermeister
Kaspar Gruhn.
470 Ratsarchiv Liegnitz, Kriegsprotokolle. Manary wurde am 11.4.
im Liegnitzer Kloster solemniter begraben.
471 Ebenda.
472 Es fielen dabei Jonas Ebert, "Korporal unter I. Exzellentz H.
General Lilienhocks leibcompagni von Copenhagen" am 20.6.; am 29.6.
wurde Hans Seifert, Musketier unter dem Flottawischen Regiment von
Wien, am 2.7. Johann Christoph von Grebnitz, "Erbsaß zum Schkal in
der newen marck wolverordneter Leutnambt beim löbl. Dewitzischen
Regiment, welcher den 13. Juni im scharmutzieren vorm feinde blieben",
begraben.
473 Z. G. XX S. 328. Am 21.8. sind die Kaiserlichen aus dem
Jauerschen aufgebrochen, sind nach Lüben gerückt, haben dasselbe Städt-
lein und Schloß belagert und auf Akkord einbekommen. Die Beschrei-
bung der Eroberung nach Theatr. Europae IV 255. cf auch Liegnitzer
Kriegsprotokolle Seite 55, aus denen hervorgeht, daß die Stadt am 30.
genommen wurde, das Schloß in der folgenden Nacht. - Lucae Denk-
würdigkeiten II nennt als kaiserl. Befehlshaber Götz.