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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 194/195
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Jahre 1773 die Justizangelegenheiten von der Kommunalverwal-
tung getrennt wurden, mußte die Geschäftsverteilung neu geregelt
werden. Die ökonomischen und Polizeisachen wurden dem Pro-
konsul, Kämmerer und zwei Ratmännern unterstellt; die Justiz-
sachen dem Syndikus und dem dritten Ratmann, welche unter der
Oberleitung des Bürgermeisters die Justizdeputation bildeten.
Ihr fielen alle Prozeß-, Kriminal- und Vormundschaftssachen zu.
Der Schöppenstuhl wurde aufgehoben.
Das städtische Kassenwesen wurde von der Kammer überall
streng kontrolliert. Die Magistrate durften den Etat aus eigener
Machtvollkommenheit nur bis 5 rtl. überschreiten und bedurften
für höhere Überschreitungen der Genehmigung des Steuerrats.
Schon früher war durch Kabinettsorder vom 7. Dezember 1741
bestimmt worden, daß etatmäßige Überschüsse der Kämmerei zur
Disposition des Königs verblieben580). Der Kämmereietat pro
1759/60 stellt sich wie folgt:

Einnahme rtl gr hl Ausgabe rtl gr hl
1. Beständige Gefälle       1. Besoldungen 1544 8 4 4/5
(Geschoß, Löserzins,
      2. Zinsen an das Amt      
Grundzins etc.)
125 10 4 4/5
(bis 1764 aufge-
     
2. Unbeständ. Gefälle      
hoben)
- - -
(Brauhausnutzung,
      3. Landeshauptmann-      
Branntweinschank,
     
schaftsgefälle
66 16 -
Salzschank)
348 22 3 2/5 4. Kontribution 22 12 1 1/5
3. Dienstgeld 2 18 - 5. Stipendien 18 - -
4. Zollgefälle 249 4 - 6. Zinsen von 2920 rtl      
5. Zinsen 176 14 4 4/5
Schulden zu 5 und
     
6. Pächte (Altstadt und      
6 %
149 14 4 1/5
Mallmitz)
1219 15 11 7. Militär 10 - -
7. Kleinere Pächte und       8. Baukosten 350 - -
Nutzungen
86 19 2 2/5 9. Baufreiheitsgelder 30 - -
8. Ziegeleigefälle 28 1 5 3/5 10. Remission (bei Un-      
9. Getreide-Zins von      
glücksfällen)
50 - -
Groß Krichen
17 20 9 11. Unkosten 35 - -
10. Gerichtsfälle 17 4 - 12. Gerichts- u. Prozeß-      
11. Stadtheide 485 20 9
kosten
57 - -
12. Insgemein - - - 13. Prämien d. Schützen 23 15 2 2/5
Sa 2758 7 2 14. Schreibmaterialien 35 - -
Ausgabe 2483 18 7 1/5 15. Portokosten 16 - -
Überschuß 274 12 6 4/5 16. Diäten 46 - -
        17. Manufakturkosten      
       
(an den betr. Fonds)
30 - -
        18. Insgemein - - -
       
Sa
2483 18 7 1/5
580 cf. Grünhagen, "Schlesien unter Friedrich dem Großen", und
Ziekusch, "Das Ergebnis der friederizianischen Städteverwaltung und
die Städteordnung Steins".
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In dem Etat ist nicht die Höhe der Einnahme und der
Accise ersichtlich, welche den accisepflichtigen Städten als Ein-
nahmequelle überlassen worden war. Sie setzte sich aus den Ein-
gangszöllen für eingeführte Artikel und Produkte und aus einer
Fabrikatsteuer für die in der Stadt gefertigten Erzeugnisse zu-
sammen. Die historischen Tabellen von 1748-1766 weisen wohl
die Einnahmen der Acciseverwaltung aber nicht die Unkosten
nach581). Die Einnahmen schwankten zwischen dem Minimum
von 3313 rtl. und dem Maximum von 5824 rtl., betrugen also im
Durchschnitt etwa 4500 rtl. Von 1766 ab trat neben die Accise
die fiskalische Regie.
Die Kassenabschlüsse der Kämmereiverwaltung liegen in den
historischen Tabellen von 1748-1786 lückenlos vor. Sie weisen
sehr erhebliche Schwankungen in der Einnahme und Ausgabe
nach, ebenso außerordentlich wechselnde Kassenüberschüsse; so blieb
1749 nur 1 rtl. Bestand, 1769: 2238 rtl. Das liegt wohl zum
guten Teil an der Art der Rechnungsaufstellung; ordentliche und
außerordentliche, laufende und einmalige Einnahmen bezw. Aus-
gaben wurden nicht geschieden. Im allgemeinen stiegen aber beide,
sodaß auf eine gewisse Zunahme des Wohlstands geschlossen wer-
den darf. Vor dem Siebenjährigen Kriege blieben Ausgabe und
Einnahme meist unter 3000 rtl.; der Wiederaufbau der Stadt in
den Jahren 1757-69 ließ beide stark emporschnellen, bis 5000 rtl.
und darüber. Von da ab beginnt eine ziemlich konstante Steigung
bis etwa 4000 rtl. Einnahme und entsprechende Ausgabe. In den
Jahren 1770-86 erzielte die Stadt einen Einnahmeüberschuß
von 3486 rtl., daher vermochte sie die Schulden, welche 1770
2017 rtl. betrugen, im wesentlichen abzustoßen. Das Stadtver-
mögen betrug 1786 2803 rtl. Wichtig für die Stadt war es, daß
durch königliche Verordnung vom 4. Januar 1781 das Beitrags-
verhältnis der Amtsvorstädte zu den städtischen Lasten neu ge-
regelt wurde582); sie hatten hinfort ein Drittel zu den kommu-
nalen und Quartierlasten beizusteuern.
Eine Neuregelung erfuhr auch das Armenwesen. Der
Bettel gehörte ja zu den Plagen, unter denen im XVIII. Jahr-
hundert alle Welt seufzte. Schon unter der habsburgischen Regie-
rung wurden Edikte gegen die Bettelei erlassen, die aber anschei-
nend erfolglos blieben. In Lüben untersagte ein Ratsdekret vom
20. März 1737 wenigstens die Bettelei Fremder583). Die der Ein-
heimischen wurde unter polizeiliche Kontrolle gestellt584). Alle
Sonnabende ging der Bettelvogt mit 12 der bedürftigsten Armen

581 Aus der Accise wurden z. B. die Reparaturkosten der Stadt-
mauer, soweit sie der Stadt zur Last fielen, bestritten.
582 Staatsarchiv Acta generalia betr. Stadtgerechtsame. Verfassung
der Stadt Lüben 20.10.1809.
583 Stadtarchiv, Aktenstück ohne Signatur, zumeist Verordnungen
betr. Brauwesen enthaltend.
584 Stadtarchiv, Acta betr. Regulierung des Armenwesens 1744.