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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 196/197
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von Haus zu Haus und sammelte in einer Büchse Almosen. Der
Bürgermeister verteilte den Inhalt der Büchse unter das Gefolge
des Bettelvogts nach Alter, Bedürftigkeit usw. Da der Ertrag
der Sammlung sehr unbedeutend war und andere Mittel für die
Armenpflege fehlten, gingen viele Arme leer aus. Auswärtige
Bettler wurden nicht eingelassen. Den städtischen Armen kamen
auch die beiden Hospitäler ad St. Spiritum und ad St. Barbaram
zugute, von denen jedes etwa 6 verarmte Bürger aufnehmen
konnte. Die Insassen erhielten freie Wohnung, Holz und Brot
und je 4 sgr. pro Woche585). Das Lehmrichsche Spital gewährte
etwa 4-5 verarmten Amtsuntertanen Wohnung und in viertel-
jährlichen Raten 9 rtl. Almosen. Der Wärterin standen 9 rtl.
18 sgr. Remuneration nebst freier Wohnung und Feuerung zu.
Aus der Lehmrichschen Stiftung wurden alle Karfreitage 3-4
Scheffel Roggen zu Brot verbacken und den Armen unter dem
Amte ausgeteilt. Für die Bedürftigen unter der Jurisdiktion
des Rats bestanden die schon früher genannten Brotlegate von
Weishaupt und Gosky. Bei ersterem war der Zinsertrag von
ursprünglich 30 rtl. auf 18 rtl. 13 sgr. sogar gesunken586).
Die Glogauer Kammer forderte587) am 21. Februar 1744
Bericht über das Armenwesen und verfügte am 17. Juni 1746,
daß monatliche Zuschläge in Höhe von 2 sgr. zum Besten der
Armen von dem Servisgelde erhoben werden sollten. Die auf
diese Weise eingehenden 20 rtl. 15 sgr. sollten unter die städtischen
Armen - etwa 22 an Zahl - verteilt werden; dafür sollte die
Armenbüchse wegfallen. Die Trennung von Stadt- und Amts-
untertanen wurde bezgl. der Armenversorgung aufgehoben; Haus-
bettelei ward streng untersagt. Am 14. Dezember 1748 erließ die
Kammer ein gedrucktes "Armen-Verpflegungs-Reglement vor
sämmtliche Städte des Glogauischen Departements". Artikel I
unterstellte das städtische Armenwesen einem evangelischen und
einem katholischen Ratsmitgliede, denen zwei Zunftälteste bei der
Geldverteilung zur Seite standen. Artikel II handelte von den
Armenbedienten. Die Bettelvögte sollten fleißig vigilieren, um
die Hausbettelei zu hindern. Wer im Wiederholungsfalle beim
Betteln betroffen wurde, verlor das Almosen und konnte evtl. auf

585 Stadtarchiv, Acta betr. Regulierung des Armenwesens.
586 cf. VII. Kapitel. Von dem Weishauptschen Legate kam ein
Drittel den Armen zugute. - Das Goskysche Legat haftete auf der
Sperlingsmühle. Diese kaufte am 3.3.1712 der Schöppenmeister
Johann Jobst Eggers für 2100 rtl; am 20.7.1739 ging die Mühle
durch Subhastation in den Besitz der Frau Barbara Rosina Deutschmann
geb. Baumgart über. Sie zahlte 2400 rtl. Staatsarchiv Rep. 28 Land-
bücher F. L. III 17 e 104 uns 17 g 264. Letztere verkaufte die Mühle
am 16.2.1748 an Hans George Neumann, der sie noch 1768 besaß.
Hypothekenbuch des F. L. Band V A Nr. 304.
587 Das Folgende nach den Akten betr. Regulierung des Armen-
wesens.
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Verfügung der Kammer in dem Arbeitshause in Kreuzburg
untergebracht werden. Artikel III handelte von den Armen, bei
denen noch erwerbsfähige und völlig erwerbsunfähige unter-
schieden wurde; Artikel IV von den Geldmitteln. - Als Armen-
vorsteher wurden am 10. Juni 1749 Stahn und Holtzhausen be-
rufen. So war eine gewisse Organisation geschaffen, die sich im
wesentlichen bewährt zu haben scheint.
Die beiden Hospitäler ad St. Spiritum und Barbaram wur-
den vereinigt588) und erzielten 1781 eine etatsmäßige Einnahme
von 772 rtl., verfügten über ein Kapitalvermögen von 9935 rtl.
und boten Raum für 12 Hospitaliten. Übel war es mit dem
Lehmrichschen Spital bestellt589). Das Stiftungsvermögen war
bei 6prozentiger Verzinsung bis 1738 auf 3287 rtl. angewachsen
und war entsprechend einer kaiserlichen Verordnung vom 27. No-
vember 1725 bei der kaiserlichen Bankalitätskasse in Breslau
gegen Depositenschein hinterlegt worden. Als Friedrich II. in
Schlesien einrückte, wurden die kaiserlichen Kassen nach Wien
überführt. Trotz aller Reklamationen der preußischen Regierung
wurde das Hospitalvermögen in Wien zurückbehalten, sodaß
schließlich durch Resolut der Glogauer Kammer vom 17.5.1742
Kapital nebst Zinsen im Betrage von 5310 rtl. 1 sgr. als verloren
erklärt werden mußte. Durch neue Spenden wurde allmählich ein
neuer Fonds aufgesammelt, der 1825 bereits 5823 rtl. 28 sgr.
betrug.
Die Armenlegate erfuhren in der preußischen Zeit eine er-
hebliche Vermehrung590). Samuel Stahn stiftete durch Testament
vom 7.1.1740 150 rtl. zur Brotverteilung, Anna Kretschmer,
geb. Gehlich am 28.4.1742 200 rtl. zum gleichen Zweck, ebenso
der Schöppenmeister Dr. med. Christian Erdmann Mattheus am
30.1.1759 300 rtl., von deren Zinsen aber auch das Mattheussche
Erbbegräbnis im Stande zu erhalten war. Der Senator
Johann Friedrich Stahn (Testament vom 18.3.1760)
und seine Schwester Anna Rosina Purrmann (16.7.1740) stifte-
ten Brotlegate, die später durch Verfügung des Oberlandesgerichts
in Glogau vom 17.9.1811 vereinigt und auf 300 rtl. Kapital
fixiert wurden. Frau Dr. Johanna Susanna Mattheus wandte
ebenfalls durch Testament den Armen 300 rtl. zu.
Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ließ naturgemäß
die Maßnahmen zur Förderung der Wohlfahrt des Landes ins

588 Sie waren 1744 noch getrennt, 1781 - Staatsarchiv Rep. 199
M. R. XIII Nr. 81 S. 116. Nachweisung über die im Glogauer Kammer-
departement vorhandenen Hospitäler - vereinigt. Vermutlich erfolgte
die Vereinigung nach dem Stadtbrande.
589 Lübener Stadtblatt 188 S. 425. Nach einer Ansprache des
Domänenrats Heptner bei der Einweihung des neuen Hospitalgebäudes.
590 cf. Stadtarchiv. Akten des Magistrats zu Lüben betr. Legate Vol. I.