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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 264/265
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1861 Einnahme 1582 rtl 15 sgr 10 pf
  Ausgabe 1740 rtl 24 sgr  5 pf
  Fehlbetrag  158 rtl  8 sgr  7 pf

Fünfzig Jahre später waren folgende Abschlüsse zu ver-
zeichnen:

1909/10 Einnahme 44 582 M 1910/11 Einnahme 49 691 M
  Ausgabe 50 649 M   Ausgabe 49 526 M
  Fehlbetrag  6 067 M   Überschuß    165 M
1911/12 Einnahme 67 700 M
  Ausgabe 86 016 M
  Fehlbetrag 18 316 M

Zu berücksichtigen bleibt allerdings, daß die Ziegeleikasse die
Zinsen und Amortisationsquoten für die Anleihen zu tragen
hatte, aus denen die Erweiterungsbauten bestritten worden waren.
Die Produktion stieg sehr erheblich, sie betrug 1885/86: 773 750
Stück, 1911/12: 1 765 000 Stück.
Gewinnbringender als die Ziegelei entwickelte sich ein
anderes Unternehmen, zu dem die Anregung ebenfalls in der
Mitte der vierziger Jahre gegeben wurde, die S p a r k a s s e.
Nachdem das Stadtblatt schon im Frühjahr 1844 auf den Nutzen
eines Sparinstituts hingewiesen hatte und im folgenden Jahre die
Angelegenheit vor den Stadtverordneten verhandelt worden war,
kam sie allmählich in Fluß. Am 17. Oktober 1846 wurde der
Beschluß gefaßt, eine Sparkasse zu gründen, und eine Kommission
mit der Ausarbeitung des Statuts beauftragt, welches am 25.
Februar 1847 genehmigt wurde. Das Teuerungsjahr 1847 und
das stürmische Jahr 1848 hemmten die weitere Entwicklung der
Sache. Am 4. November 1848 wurde endlich der Beschluß gefaßt,
die Sparkasse am 1. Januar 1849 ins Leben treten zu lassen.
Die Mittel zur Anschaffung der erforderlichen Bücher und des
sonstigen Inventars wurden bewilligt, zu Kuratoren wurden
Kaufmann Böhm, Kellerpächter Richter und Kaufmann Lewy
ernannt, zum Rendanten Kämmerer Röhrich, dem eine ange-
messene Remuneration in Aussicht gestellt wurde. Die Rendantur
der Sparkasse blieb bis zum 1. April 1900 mit der Verwaltung
der Stadthauptkasse vereinigt. Im Jahre 1904 bezog die Spar-
kasse
ihre gegenwärtigen Räume. Nachdem die Anfangsschwierig-
keiten überwunden waren und das Institut sich je länger je mehr
das Vertrauen der Bürgerschaft und der Landbevölkerung erwor-
ben hatte, entwickelte es sich rasch zu außerordentlicher Blüte.
Anfang 1862 betrugen die Einlagen 40 813 rtl. 15 sgr. 2 pf.; 1890
wurde die erste, 1897 die zweite, 1903 die dritte, 1907 die vierte
Million erreicht, und 1912 betrugen die Einlagen 5 033 775 Mark.
Für gemeinnützige Zwecke wurden Sparkassenüberschüsse in Höhe
von ca. 1/2 Million bis 1912 verwendet.
Aber es mußten auch Ausgaben gemacht werden, die nicht
werbender Art waren. Über die Beteiligung der Stadt am
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Lüben-Rawitscher Chausseebau wird weiterhin berichtet werden,
über den Erwerb der Braugerechtigkeit an anderer Stelle. Ge-
winnbringend waren diese Aufwendungen nicht. Wenn vollends
mit dem Fiskus Geschäfte gemacht werden mußten, wurde die
Zeche für die Stadt teuer. Im Jahre 1847 forderte der Justiz-
fiskus das Magistratssessionszimmer für öffentliche Gerichtsver-
handlungen. Infolgedessen wurde von der Garnisonverwaltung
die im Rathause befindliche Montierungskammer zurückgefordert,
um einen Raum für öffentliche Sitzungen zu gewinnen. Als am
1. April 1849 das bisherige Stadt- und Landgericht durch das
Kreisgericht ersetzt wurde, mußte die Stadt für die erforderlichen
Räume sorgen. Sie kaufte vom Postdirektor Rüdiger das am
Ringe gelegene Postgebäude689) und gestaltete es dem neuen Zweck
entsprechend um. Aber der Fiskus hatte noch andere Wünsche;
er verlangte die Erweiterung des Gerichtsgefängnisses. Mit Rück-
sicht auf die für das Gerichtsgebäude gemachten Aufwendungen
wollte die Stadt nicht neue Opfer bringen und schloß zunächst am
8. Dezember 1849 mit dem Kreisgerichtsdirektor einen Vertrag,
durch welchen dem Gericht die Mitbenutzung des Polizeigefäng-
nisses690) gewährt wurde. Aber damit kam das Gericht nicht aus,
und wohl oder übel mußten die Stadtverordneten am 1. Februar
1851 den Neubau eines Gerichtsgefängnisses beschließen. Sie
boten dem Fiskus das Gelände des städtischen Bauhofes als Bau-
platz und Ziegeln und Holz zum Taxwerte an, wurden aber ge-
nötigt, das Gebäude auf eigene Kosten zu errichten. Im Jahre 1854
wurde es in Gebrauch genommen. Nach langwierigen Auseinan-
dersetzungen verfügte das Ministerium am 11. Dezember 1856,
daß der Stadt das Eigentumsrecht an dem neuen Gerichtsgebäude
gebühre, während das Gerichtsgefängnis vom 1. Januar 1856 in
den Besitz des Justizfiskus übergegangen sei, der der Stadt eine
Rente von 50 rtl. jährlich zu zahlen habe. Nachdem das Gerichts-
gebäude am Ringe 50 Jahre seinem Zwecke gedient hatte, erwies
es sich den modernen Anforderungen und dem Umfange der Ge-
schäfte gegenüber als unzureichend. Wieder hieß es: Bauen! Aber
diesmal brauchte die Stadt nicht Bauherr zu sein. Sie gab den
Bauplatz und einen baren Zuschuß, der freilich auf Drängen des
Fiskus auf 15 000 Mark bemessen werden mußte. Auch der
Bauplatz war nicht billig; die Stadt erwarb hierzu im Laufe der
Jahre 1899 und 1900 das ehemalige Accisehaus an der Breiten
Straße und die an den Torturm anstoßenden Häuser. Ein Teil
des gewonnenen Areals war allerdings zur Erweiterung der
Promenade bestimmt. Im Jahre 1905 konnte das Amtsgericht
sein neues stattliches Heim beziehen.
Setzte der Justizfiskus seinen Willen durch, so erreichte die
Königliche Regierung ebenfalls, was sie wollte. Sie rügte im

689 Ring 26
690 Dasselbe befand sich im Armenhause, Bahnhofstraße 2.