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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 318/319
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fessor Caspar Deichsel, ebenfalls einem Lübener Kinde, durch
letztwillige Verfügung 1551 vermehrt, sodaß er insgesamt 30 fl.
Zinsen eintrug732).
Über die Wandlungen, welche die Schule in der Refor-
mationszeit durchgemacht hat, ist keinerlei Kunde erhalten. Jeden-
falls ist sie in dieser Zeit aus kirchlichem in städtischen Besitz über-
gegangen; denn die Stadt hatte fortan Verwaltung und Unter-
haltung der Schule in den Händen wie auch das Recht, die Lehrer zu
berufen. Etwa von 1560 ab ist es möglich, die Namen der Lehrer
festzustellen733). Vielleicht ist es nur Zufall, daß anfänglich ledig-
lich Rektoren und Kantoren genannt werden, erst um 1577 ein
Auditor und 1599 ein Konrektor, - vielleicht ist aber auch erst
allmählich das Lehrerkollegium vergrößert worden. Das wäre
dann ein Zeichen von dem Aufblühen der Schule, an der von
1590 bis 1600 auch noch Katecheten beschäftigt waren. Verhältnis-
mäßig zahlreich waren im XVI. Jahrhundert Lübener Kinder an
den Hochschulen in Leipzig, Wittenberg und Frankfurt vertreten.
Aufs neue fiel der Schule eine Stiftung zu. Der Bürger und
Tuchmacher Hans Weishaupt734) vermachte am 10. März 1588
bezw. 10. April 1592 "zur Beförderung und Fortpflanzung des
Wortes Gottes auch guter freier Künste" 500 rtl. mit der Be-
stimmung, daß von den 30 rtl. betragenden Zinsen 10 rtl. dem
Schulmeister zufallen sollten, "auf daß er desto besser erhalten
und der armen Jugend treulich und fleißig vorstehen möchte".
Der Rest war Armenlegat.
Erst im XVII. Jahrhundert fangen die Quellen für die
Geschichte der Schule reichlicher an zu fließen. Die wohlgesetzten
lateinisch-deutschen Carmina735), mit denen die Schulkollegen
alljährlich am Neujahrstage dem Rate und der Bürgerschaft ihre
Glückwünsche darbrachten, vermeiden freilich jedes Eingehen auf
die örtlichen Schulverhältnisse, aber es ist ein Stundenplan aus
dem Jahre 1633 erhalten geblieben736), der augenscheinlich von
Rektor Scheer herrührt und einen Einblick in den Schulbetrieb
gewährt. Der Unterricht wurde in öffentlichen und Privatstunden
erteilt, erstere von 7-9 und 12-3 Uhr, letztere von 9-10 und

732 Lübener Stadtarchiv Acta betr. Legate und Stiftungen, Vol. I,
konfirmiert 20.5.1496 von Bischof Tilo von Merseburg. Die Zinsen
betrugen 80 fl, sodaß jeder Empfangsberechtigte 20 fl erhielt.
733 Nach den Kirchenbüchern.
734 Ebenda.
735 Breslauer Stadtbibliothek, Miscell. Carminum 11 II W. 4.
I. Scholae Lubenensis Irenicum devote concinnatum 1619. - II. Spes
secura 1659 ebenda III., "Gutthertzigen Wahltagswunsch" nach dem
Tode Ferdinands III. IV. "Weckglöcklein, von der letzten Posaune er-
klingende", 1656, Bibliothek Fürstenstein.
736 Breslau, Stadtarchiv, Ortsakten Lüben. - Schematismus Lec-
tionum Scholae Lubenensis M. Apr. a. 633 und Facies Lectionum
publicarum paululum innovata cum rinovata classium facie M. MA.
B. C. MDCXXXIII, nebst Series Lectionum privatarum cum classicis.
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4-5 Uhr. Die Privatstunden lieferten den Lehrern eine Mehr-
einnahme zu dem kärglichen Gehalt. Die Schule zählte 4 Klassen.
In der IV. Klasse, welche dem Auditor unterstellt war, wurden
fast nur deutsch-lateinische Schreibübungen vorgenommen und
möglichst viele lateinische Vokabeln eingeprägt, um eine gewisse


Wandornament im Hause Ring 29
(nach Originalzeichnung von Frl. Th. Meier)



elementare Sprachkenntnis zu erzielen. Sonst gehörten zum
öffentlichen Unterrichte noch Religion und Gesang. Im Privat-
unterrichte wurden die lateinischen Kenntnisse durch rhythmisches
Vokabulieren vertieft. Die III. Klasse, deren Ordinarius der
Kantor war, erhielt Unterricht in der lateinischen Grammatik nach