Lüben in "Zeitgeschichte der Städte Schlesiens" 1819
Kreis Lüben














Abbildung LÜBEN in "Zeitgeschichte der Städte Schlesiens", 1819.
Rathaus, Evangelische Kirche, Pulverturm und eine Holländerwindmühle,
von der Konrad Klose in seiner Chronik auf S. 232 berichtet.
Dank für Hilfen bei der Interpretation an Frank Mierzwiński!






Zeitgeschichte
der
Städte Schlesiens
mit
Abbildungen
herausgegeben
von
Dr. Christian Friedrich Emanuel Fischer
und
Carl Friedrich Stuckart
Band I - III
Schweidnitz
bei Carl Friedrich Stuckart
1819


Abschnitt Kotzenau
Abschnitt Raudten





Lüben

Diese Stadt ist eine der ältesten Schlesiens,
hatte, wie Curäus in seiner Chronik meldet,
bereits 1170 Ringmauern und wurde im er-
wähnten Jahre von Herzog Boleslav dem
Langen nicht nur erweitert, sondern auch mit
ansehnlichen Gebäuden verschönert. Späterhin
war sie dem Glogauer Bezirk einverleibt, kam
dann zum Steinauer und
1309 mit letztern unter die Botmäßigkeit
Johann, Königs von Böhmen. Weil aber
dieser des Herzog Boleslav III. zu Liegnitz Ge-
mahlin Margaretha 8000 Mark Heyrathsgut
versprochen hatte und auf diese Summe noch
4525 Mark schuldig war, so drang der Her-
zog auf Bezahlung und Johann verpfändete
ihm
1339 Lüben samt dem Weichbild mit der
Bedingung, daß wenn er obige Summe binnen
zwey Jahren nicht abtragen würde, beides dem
Herzoge eigenthülich bleiben solle. Der letzte
Fall trat ein; Johann zahlte nicht und Lüben
wurde mit Liegnitz vereint.
1345 erhielt durch Erbsonderung Herzog
Wenzel die Stadt und diese also auch einen
eignen Herrn.




1346 mußte, vom Geldmangel gezwungen
Herzog Wenzel die Stadt versetzen. Sein Bru-
der Ludwig I. löste sie ein, machte sie zu sei-
nem Wohnsitz, baute das Schloß und legte Be-
festigungen an, weil er mit Wenzeln eben nicht
im besten Vernehmen stand. Er nannte sich
Herr von Lüben und al er nachher Herzog von
Brieg wurde, ward auch Lüben genanntem Für-
stenthume einverleibt.
1349 erweiterte man die wahrscheinlich be-
reits im 11. Jahrhundert erbaute Pfarrkirche
und widmete sie dem heil. Leichnam und der
heil. Hedwig.
1369 legte Herzog Ludwig I. im Schlosse
eine Kapelle an und
1372 nahm dessen ältester Prinz Heinrich
VIII. (mit der Schramme) seinen Aufenthalt in
Lüben, nannte sich Herzog von Lüben und schenk-
te die Stadt seiner Gemahlin Margarethe zum
Leibgedinge. Er starb 1399 und sein Sohn
und Nachfolger Heinrich IX. ertheilte
1407 Mitterwochen nach 11000 Jungfrau-
en der Stadt die Zollgerechtigkeit.
1421 den 19. Jan. erhielt Lüben von den
Herzogen Rupert II. und Ludwig III. eine Münze.




1428 im Mai wollten die Hussiten, nachdem
sie Hainau erorbert hatten, auch unsrer Stadt
sich bemächtigen. Die tapfere Gegenwehr der
Bürgerschaft vereitelte diesen Vorsatz, sie muß-
ten abziehen, aber ein durch sie veranlaßter
Brand vernichtete die Vorstädte.
1446 verpfändeten die Herzöge Gebrüder
Johann und Heinrich Stadt und Weichbild an
Heinrich X. von Glogau und Crossen. Die
Wiedereinlösung erfolgte unter Herzog Friedrich
dem Ersten, welcher 1496 starb.
1505 fiel bei der Erbtheilung Lüben samt
Brieg an Herzog Georg I., dessen Gemahlin,
als er starb,
1521 diese Stadt zu ihrem Witwensitz
erkor und deselbst bis zum Ableben (den 5.
April 1550) 29 Jahre lang sich aufhielt. Von
itzt an wurden Stadt und Weichbild dem Her-
zog Friedrich dem Dritten von Liegnitz zu Theil
und nun für immer mit dem Fürstenthum Lieg-
nitz verbunden.
1524 wurde zu Lüben der Gottesdienst
nach Luthers Grundsätzen eingeführt.
1555 verzehrte eine Feuersbrunst 140
Häuser.
1568 brach die Pest aus und raffte fast
sämtliche Einwohner weg.
1640 wurde die Stadt von den Schwe-
den eingenommen, kurz darauf aber vom kai-
serlichen General Götz belagert, heftig beschos-
sen und zur Uebergabe gezwungen. Plünderung
und Brand mußten die unglücklichen Einwoh-
ner erfahren.
1641 eroberten die Schweden unter Stahl-
hansch dieselbe ähnlicher Weise, verließen sie
aber im Dezember freiwillig, worauf kaiserliche
Truppen sich einlegten.





1642 wählte der Erzherzog Leopold Wil-
helm Lüben zum Hauptquartier und sein Auf-
enthalt stürzte die Bürger in die bitterste Ar-
muth; weil die Oestreicher aus Religionshaß sich
auf das feindseligste betrugen.
1674 den 17. Nov. entstand ein gräßli-
cher Brand, 107 Häuser samt den Mühlen
gingen in Flammen auf und
1679 brannten abermals 90 Gebäude nie-
der und darunter viel seit voriger Feuersbrunst
neu wieder erbaute.
1701 den 24. Jan. erschien unvermuthet
eine kaiserliche Commission, entsetzte den evan-
gelischen Pfarrer Koch seines Amtes und räum-
te diese Kirche nebst beiden Begräbniskirchen
den Katholiken ein, doch
1707 den 18. Dez. mußten gedachte Kir-
chen auf Karl des Zwölften nachdrückliche Ver-
wendung den Evangelischen zurückgegeben werden.
1756-1763 wirtschafteten bald Freunde
bald Feinde in und um die Stadt, und daß es
eben nicht rätlich geschah, beweiset ein Kosten-
verzeichnis von 30000 Rthl. Über dieses ließ
1757 den 17. Nov. der Oberst Gersdorf
Lüben durch seine Kroaten plündern und anste-
cken, wo denn bis auf die Pfarrkirche alle öf-
fentliche und Privatgebäude Raub der Flam-
men wurden.
Was die neuern Schicksale dieser Stadt,
namentlich 1806-1814 betrifft, so kann Ver-
fasser leider nichts davon bekannt machen, da
ohnerachtet wiederholter Bitte, vom dasigen Ma-
gistrat demselben nichts mitgetheilt worden ist.
Uebrigens besitzt Lüben gegenwärtig 400 Häu-
ser und zählt 3000 Einwohner.