Familie Hanke aus Krebsberg
Gemeinde Großkotzenau














Stefanie Maßny und ihre Geschwister entdeckten erst im Nachlass ihrer Tante Herta die Geschichte ihrer Vorfahren. Seitdem forschen sie akribisch nach den Spuren der Vergangenheit. Das älteste Dokument ist diese Ansichtskarte aus dem Jahr 1923. Sie ist an die Großeltern Richard und Elli Hanke in Krebsberg gerichtet.
Leider gibt es keinen Hinweis darauf, was für ein Haus hier abgebildet ist und wer die Bewohner/Besitzer waren.

21.2.1923
Herrn
Richard Hanke und Frau
Baugutsbesitzer
in Krebsberg
post Groß Kotzenau Kreis Lüben

Lieber Richard, Elli und Eltern. Sende Euch ein paar Zeilen, wie habt Ihr Euch eingelebt? Hoffentlich gut, wir warten schon lange auf eine Nachricht über Euer Befinden und über die Preiselbeeren. Wenn sie reif sind, wollten wir Euch besuchen, ich denke, es wird wohl vorüber [sein]. Es grüßt Euch herzlichst Euer lieber Schwager Alfred & Ida Eltern Viele Grüße an Eure lieben Eltern.

Erst eine Todesanzeige aus dem Jahr 1980 gibt Aufschluss über die Zusammenhänge! Offenbar war Ida eine Schwester von Großmutter Elli Hanke, und Alfred war Idas Ehemann. Er wird in der Todesanzeige schon nicht mehr erwähnt. Wann er gestorben ist, ist unbekannt. Aber mindestens die trauernde Tochter Ursula ist Nachfahrin der Schwarz-Familie.

Aus der Kopie von Ellis Geburtsurkunde erfahren wir, dass die Schwarz-Familie zu dem Zeitpunkt in Ober-Bielau (heute Bielawa Górna) lebte.

Obige Postkarte ist an den "Baugutsbesitzer" Richard Hanke und Frau adressiert. Was war ein "Baugutsbesitzer"? Hieß das, dass sich sein Gut noch im Bau befand? Oder war das eine Baufirma? Immerhin beweist die Karte, dass Richard und Elli um 1920 verheiratet waren und in Krebsberg ein - wie auch immer geartetes - Baugut besaßen. Richard war Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Großkotzenau

Zwei Fotos der Familie bei der Arbeit in den 1930er Jahren. Richard und Elli Hanke mit den Kindern Herta und Willi. Eine arbeitsame bescheidene Familie, die ihre ganze Kraft in ihr Haus steckt: Die Kinder und Enkel sollen es einmal erben. Doch daraus wird nichts... Richard muss noch als alter Mann in den Krieg. Er kehrt nicht mehr zurück. Elli muss mit ihren Kindern flüchten, bevor die Russen kommen und bevor die neuen Machthaber sie enteignen.

Mit den Fotos ihres Elternhauses, in dem sie aufgewachsen ist, fährt Herta als 70-jährige noch einmal "nach Hause". Ihr stockt das Herz, als sie alles wiedererkennt. Sie macht ein Foto von genau der Stelle, von der fünfzig Jahre zuvor jemand sie selbst und ihren Bruder Wili aufgenommen hat. Vielleicht wird auch die nächste Generation das Haus besuchen. Aber da gehört es schon so lange den neuen Besitzern, dass es nicht mehr wehtut. Es bleiben Entsetzen und Unverständnis, was sich Menschen gegenseitig antun können...

Mit ziemlicher Sicherheit ist hinter den Bäumen die Schule Großkotzenau Sand zu erkennen. Und weil sich das Foto im Nachlass von Herta Hanke befand, ist davon auszugehen, dass es ihre eigene Schulklasse zeigt. Aber nicht einmal sie selbst können wir identifizieren. Wer hilft? Hier ist sie ein paar Jahre später im Kreise ihrer Mitschüler und Lehrer zu entdecken.

Karl Schwarz, geboren am 10.6.1865, gestorben am 22.6.1937, Ehemann von Emma Schwarz geb. Stiebitz.

Willi Hanke auf einem Foto der Schule Großkotzenau Sand von 1941 (sitzend, zweiter von rechts): Die Schüler haben Heidelbeeren für ein Frontlazarett gesammelt. Auch sie sollten dazu beitragen, dass Deutschland den Krieg gewinnt...

Wer aus der Familie hat sich hier um die Jahrhundertwende in Kotzenau aufnehmen lassen? Einmal als Konfirmandin, später als junge Familie! Wir wissen es nicht. Wir sehen nur die Ähnlichkeit der beiden jungen Frauen. Sie hätten die Namen auf den Rückseiten festhalten sollen!

Und hier noch ein Dokument, das zeigt, wie die Schikanen auch nach dem Krieg weitergingen, wie zivilisierte Gesellschaften verhinderten, dass die aus Schlesien Geflüchteten und Vertriebenen wenigstens als Familien zueinanderkommen konnten!
Elli Hanke war in den Westen Deutschlands geflüchtet. Ihr Bruder Bruno war im Osten geblieben. Vielleicht hoffte er wie viele, so den kürzeren Weg zurück in die alte Heimat zu haben... Als Bruno 1963 starb, telegrafierte die Abt. Inneres beim Rat des Kreises Zeitz der Schwester die Todesnachricht. In einem Ton wie man höchstens einen Wetterbericht telegrafieren würde... Emotionslos und kalt:
"Geboren am 15.12.1899 Bruder verstorben
Beerdigung am Freitag 14.00 Uhr Gilt nur als Einreisegenehmigung in der Zeit vom 23. bis 25.5.1963 über Grenzkontrollpunkt Marienborn mit Bahn - Rat des Kreises Zeitz Innere Angelegenheiten"