Kotzenauer Wappen
Kotzenau im Lübener Heimatkalender von 1942
Kotzenau














Die folgenden Seiten über Kotzenau stammen aus dem "Heimatkalender Kreis Lüben", erster und einziger Jahrgang 1942, herausgegeben vom Gauverlag NS Schlesien. Herzlichen Dank für die Scans an Peter Kureń und H. G.!














Die restlichen Absätze und die letzte Seite des Artikels sind pure NS-Propaganda und haben nichts mehr mit einer historisch wahren Betrachtung der Stadt Kotzenau zu tun. Deshalb ist hier nicht der Ort, sie wiederzugeben.

Kreis Lüben - Heimatkalender 1942

Heidestadt Kotzenau
Bauten aus verschiedenen Zeiten erzählen vom Werden der Stadt

Aus drei Gemeinden ist die Stadt Kotzenau zusammengewachsen: dem Städtel Kotzenau, dessen Geschichte bis in das Mittelalter zurückreicht, der Gemeinde Klein-Kotzenau und dem Gutsbezirk Klein-Kotzenau. Der Ursprung von Kotzenau ist bis heute noch nicht geklärt worden. Im Jahre 1297 erbaute Herzog Bolko I. von Schweidnitz hier eine Burg. Welchen Zweck er damit verfolgte, ist unbekannt geblieben. Vielleicht hat er eine Handelsstraße schützen wollen, vielleicht brauchte er eine feste Anlage gegen den Herzog von Glogau. Man weiß nicht, ob die Burg der Ursprung der Stadt war, oder ob schon vor der Errichtung der Burg eine Ansiedlung vorhanden war. Die Burg, aus der das heutige Schloß entstanden ist, wurde mit Wassergräben umzogen, um in dem ebenen Lande einen Angriff der Feinde leichter abwehren zu können.

Besitzer der Burg waren bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts die Herzöge von Liegnitz, dann traten private Eigentümer von Schloß und Herrschaft Kotzenau in die Reihe. Im Jahre 1444 erwarben Christoph und Nikolaus von Dornheim Kotzenau "erblich und ewiglich", 1587 übernahm Friedrich von Nostiz den gewaltigen Besitz, worauf 1613 die Familie von Stosch Schloß und Gut für 58 000 Taler - eine für damalige Begriffe enorme Summe - kaufte. Nachdem 1723 Graf von Reder Besitzer geworden war, ging die Herrschaft 1766 durch Erbschaft in das Eigentum der Reichs- und Burggrafen zu Dohna über, in deren Besitz sie sich noch heute befindet.

Die Dreiteilung von Städtel, Gemeinde und Gutsbezirk blieb bis zum Jahre 1894 bestehen, obwohl sich aus dieser "Gemenge-Lage" schier unerträgliche Zustände entwickelt hatten. Endlich wurden Städtel und Dorf zu einem Gemeinwesen vereinigt, worauf im "Kotzenauer Stadtblatt" folgender Erguß zu lesen war: "Durch die Vereinigung von Städtel und Dorf wird endlich so manche haarsträubende Unzuträglichkeit beseitigt. Es wird nun nicht mehr möglich sein, daß jemand, der sich zur Ruhe legt, mit dem Kopfe in der Stadt und mit den Füßen in der Dorfgemeinde schläft. Die Häuser werden nun nicht mehr in bunter Reihenfolge bald zum Städtel und bald zum Dorfe gehören. Während die Stadtlaternen abends länger brannten, hüllten sich die Dorflaternen in Dunkelheit, weil beide Gemeinden verschiedene Brennzeiten hatten. Wegebauten und Schulfragen können von nun an gemeinsam erledigt werden. Auch die Steuern werden fortan nach einem Modus bezahlt und schließlich werden auch die Stadtväter nach einem Wahlsystem gewählt werden."

Der letzte Punkt hat schwere innere Kämpfe ausgelöst, denn es gab in Kotzenau drei Klassen von Bürgern: 1. "Beackerte" Bürger, 2. "unbeackerte" Bürger, 3. Bürger ohne jeden Haus- und Grundbesitz. Erst nach schweren Kämpfen ist es möglich geworden, dieses "Dreiklassenssystem" zu beseitigen. Die drei Gemeinden waren so ineinander verschachtelt, daß zum Beispiel auf der Bahnhofstraße, die damals "Bauerngasse" hieß, verschiedene Häuser zur Dorfgemeinde, andere zum Gut gehörten und der Hauptanteil der Straßenanlieger zum Städtel zählten. Der eine Besitzer zahlte also nach städtischem Modus seine Abgaben, während der andere dem Gut steuerpflichtig war und der dritte Nachbar als Dörfler zu Wegebauten und Wegeverbesserungen seinen Beitrag leisten mußte, die anderen aber nicht. Und das alles nebeneinander auf einer Straße, die als solche ein Teil der Stadtgemeinde war. Es gab sogar Bauern- und Gärtnerstellen, von denen das Vorderhaus zur Stadt, die hinter dem Hause liegenden Scheunen aber zum Dorfe gehörten.

An diese Zustände sei einmal erinnert, da sie charakteristisch für Kotzenau waren und erkennen lassen, mit welchen "inneren Schwierigkeiten" unsere Vorfahren zu kämpfen hatten, von denen die Kotzenauer heute keine Ahnung mehr haben, da sie nun eine einige jugendfroh in die Zukunft hineinsteuernde (!) Stadtgemeinde geworden sind, die den Schatten der "guten alten Zeit" überwunden haben.

Die einstige Dreiteilung der Stadt Kotzenau hat heute keine Spuren mehr hinterlassen, aber das äußere Bild von Kotzenau läßt ganz deutlich die verschiedenen Entwicklungsperioden erkennen, die Kotzenau durchgemacht hat. Das bauliche Bild von Kotzenau ist bunt und wechselvoll. Man findet neben prunkhaften Bauten und Geschäftshäusern noch alte Fachwerkhäuser und Scheunen, und dann die neuen Siedlungsviertel, die der Ausdruck unserer neuen Zeit geworden sind. Es lohnt sich gewiß, das Werden der Stadt im Rahmen des baulichen Bildes zu verfolgen.

Das Stadtbild vor hundert Jahren

Gewaltige Brände haben Kotzenau wiederholt in Schutt und Asche gelegt. Auch der Dreißigjährige Krieg tobte sich in dem Heidestädtchen aus, das damals fast völlig verödete. Erst allmählich konnte das Städtchen wieder aufgebaut werden, doch blieb es ein sehr kleines Gemeinwesen, denn im Jahre 1655 - sieben Jahre nach dem Friedensschluß - zählte man nur 37 Hauswirte. Als es dann etwas schneller vorwärts ging, äscherte am 30. Oktober 1746 ein großer Brand die Stadt und das Dorf völlig ein. Hundert Jahre später - am 4. Mai 1847 - wütete ein neuer schwerer Brand. Was damals vom Feuer verschont blieb, das vernichtete am 11. September des gleichen Jahres ein neues schweres Brandunglück. Wieder wurde Kotzenau fast völlig eingeäschert.

Die heutigen ältesten Bauten unserer Stadt sind demnach in den Jahren nach dem letzten Brande entstanden, und man kann sich recht gut ein Bild machen, wie

Kotzenau vor hundert Jahren

ausgesehen hat. Am Markt zählte man 24 Häuser, die sämtlich gleich groß waren und auch das gleiche Aussehen hatten. Bei dem Neubau nach dem letzten großen Brande hatte man stets vier zusammenhängende Häuser als Ganzes unter einem zusammenhängenden Dach wieder errichtet und im Innern nur durch dünne Zwischenwände abgetrennt. Man erkennt diese Bauweise auch heute noch ganz deutlich an den Häusern, die an der Nordseite des Marktes stehen.

Hinter den Häusern am Markt lag ein schmaler Hof, und dann kamen die Wirtschaftsgebäude (Scheunen und Ställe), die ihre Ausfahrt nach dem heutigen Hintermarkt - damals war der Hintermarkt eine schmale Gasse - hatten. Die Wirtschaftsgebäude bestanden aus Fachwerk und waren zum Teil mit Schindeln, zum Teil sogar mit Stroh gedeckt. Unser Bild zeigt eine noch heute bestehende Scheune am Hintermarkt.

Im übrigen hat der Markt die Einteilung von damals im allgemeinen beibehalten. An der Ecke des Marktes und der Haynauer Straße stand die Erbscholtisei - die größte Bauernwirtschaft von Kotzenau, mit der auch die Schankgerechtigkeit verbunden war. Heute steht an dieser Stelle das Gasthaus "Drei Kronen" von Reinsch. Das Eckzimmer war das sogenannte Amtszimmer, wo die Bewohner Rat und Recht erhielten und zugleich die Steuern abgeliefert werden mußten.

An der Nordseite des Marktes befanden sich acht Bauernwirtschaften mit den schon dahinter liegenden Wirtschaftsgebäuden. An den drei anderen Seiten lagen Wohnhäuser von Handwerkern und Kaufleuten, die aber ebenfalls sämtlich ein Stück Acker hatten, denn Kotzenau war vor hundert Jahren ein ausgesprochenes Ackerbürgerstädtchen.

Es sei noch erwähnt, daß an der Südseite des Marktes das Pfarrer- und das Kantorhaus standen, daß am östlichsten Hause an der Nordseite der Justitiarius wohnte, der vom Grafen als Richter über die Stadt gesetzt worden war, und daß sich in der Mitte des Marktes die Kirche erhob, doch sind die Anbauten an der Nord- und Südseite erst später geschaffen worden. Vor dem Brande von 1847 lag rings um die Kirche der Friedhof. Er ist bereits im Jahre 1731 geschlossen worden, worauf ein neuer Friedhof an der heutigen Kirchhofgasse angelegt wurde.

Man kann sich das Bil des Kotzenauer Marktes vor hundert Jahren also ganz richtig vorstellen, zumal die noch vorhandenen Reste aus der Zeit von 1847/48 wichtige Anhaltspunkte geben.

Die heutige Gartenstraße führte damals den Namen Scheunengasse, weil an ihr außer einer Landwirtschaft und einer Fleischerei nur sieben Scheunen lagen. Eine dieser Scheunen ist auch heute noch vorhanden.

Die Hauptstraße von Kotzenau war die heutige Hindenburgstraße, die damals Bürgergasse oder Liegnitzische Straße hieß. An ihr lagen drei Landwirtschaften und acht Häuser von Handwerkern: Schmiede, Schuhmacher, Gerber, Töpfer. Die Fortsetzung der Bürgergasse - heute die Glogauer Straße - gehörten nicht mehr zum Städtel, sondern zur Dorfgemeinde. Dasselbe gilt für die Lübener Straße, die damals Mühlengasse genannt wurde, weil an ihr drei Windmühlen lagen. Zwei Mühlen sind verschwunden, aber eine besteht auch heute noch und erzählt von dem Leben in der vergangenen Zeit. Außerdem lagen an der Mühlengasse noch mehrere Landwirtschaften, von denen eine Scheune auch heute noch vorhanden ist.

Für den Durchgangsverkehr von großer Wichtigkeit war die Haynauer Straße. Hier fand man außer der schon erwähnten Erbscholtisei mit der größten Gastwirtschaft eine Landwirtschaft und sieben Handwerkshäuser, nämlich eine Fleischerei, eine Färberei, eine Tischlerei, eine Schlosserei, die Brauerei und eine Schmiede. Das waren aber fast ausschließlich Fachwerkhäuser.

Von der Haynauer Straße zweigte die Primkenauer Straße ab, die früher kurz "Sand" genannt wurde. Hier kam man schon in die Dorfgemeinde. Die Primkenauer Straße war zum größten Teile unbebaut. Rechts und links lagen Gärten der Wirtschaften, die wir an der heutigen Schloßaue finden, sonst Felder und Wiesen. Zwei Wirtschaften an der Primkenauer Straße hießen "Thiel-Schusters Wirtschaft" und die "Ölpuche", weil in ihr eine Leinölstampfe untergebracht war.

Damit sind wir schon zum Teil aus dem alten Städtel Kotzenau ins Dorf Kotzenau übergewechselt. In der früheren Dorfgemeinde fand man nur Landwirtschaften und einzelne Häuslerstellen. Die Besitzer der kleinen Wirtschaften des Dorfes gingen auf Hofe- und Wald

arbeit. Hier fand man im Gegensatz zum Städtel Kotzenau ausgesprochen dörfliche Verhältnisse vor. Man fand auch häufig die gleichen Familiennamen, so daß man durch ein klärendes Beiwort die einzelnen Familien gleichen Namens unterschied. So gab es einen "Vormäher-Sucker", einen "Lach-Sucker" und einen "Hinteren Sucker". Das einzige Gasthaus des Dorfes war der "Sandkretscham", heute nennt er sich "Weißes Roß".

Die unerträglichen Gemeindeverhältnisse, die sich aus der Dreiteilung Städtel, Dorf und Gut, sowie aus der kaum zu klärenden "Gemengelage" ergaben, haben wir schon erwähnt. Im Dorfe Kotzenau fand man ausschließlich Fachwerkbauten vor, von denen auch heute noch Reste vorhanden sind.

So sah das Städtchen Kotzenau aus, das nach dem Brande von 1847 neu erbaut worden war. Unsere Bilder geben einen ganz klaren Einblick in die bauliche Gestaltung des freundlichen Ortes in der Heide. Es muß ein stilles Leben in Kotzenau gewesen sein, abseits von den großen Verkehrsstraßen, die sämtlich an Kotzenau vorbei führten. Stadt, Dorf und Gut hatten zusammen nicht mehr als 1000 Einwohner. Es blieb lange bei dieser Einwohnerzahl, während die Nachbarstädte Haynau, Primkenau und Polkwitz (Heerwegen) sich ziemlich stark entwickelten.

Kotzenau wird Industriestadt

Da kam der große Umschwung. Im Jahre 1853 wurde mit dem Aufbau der Marienhütte begonnen. Der in der Heide reichlich vorhandene Rasen-Eisenstein und das vorhandene Holz als Brennstoff sind die Grundlagen für die bedeutsame Eisenindustrie in der niederschlesischen Heide gewesen. Am 18. April 1430 genehmigte der Herzog Ludwig von Liegnitz, daß die Meister Aldeheynen von Leschin und Simon am Teiche zu Kotzenau einen "Hammer und Schmiedewerk nebst Hütte, Kram und allem was dazu gehört sowie auch eine Mühle anlegten". Den beiden Meitern wurde auch erlaubt, daß sie die Eisenerze aus der Heide verwendeten. Dieser Eisenhammer ist ein - allerdings sehr bescheidener - Vorläufer des Eisenhüttenwerkes Marienhütte. Das Hammervorwerk erinnert wenigstens noch dem Namen nach an das erste Kotzenauer Eisenwerk. Der Aufbau der Marienhütte vollzog sich so schnell, daß bereits am 14. Januar 1854 der erste Abstich erfolgen konnte. Die erste Anlage bestand aus zwei Hochöfen, in denen das Eisen gewonnen wurde. Anfänglich wurden 3 Beamte und 40 Arbeiter in der Hütte beschäftigt. Als aber der Kupolofenbetrieb eingerichtet und im Jahre 1863 der Bau eines Emaillierwerkes in die Wege geleitet wurde, stieg die Zahl der beschäftigten

Arbeiter sehr schnell. Im Jahre 1872 fanden bereits 700 Arbeiter in der Marienhütte ständig Brot und Lohn. Daraus ergab sich natürlich ein sehr starker Anstieg der Einwohnerzahl von Kotzenau. Das Ackerbürgerstädtchen verlor diesen Charakter immer mehr: die Industriestadt trat an seine Stelle. Der starke Bedarf an Wohnungen hatte eine lebhafte Bautätigkeit zur Folge. Aber leider gab es damals noch keine Bestimmungen, wonach ein planmäßiger einheitlicher Aufbau der neuen Stadtgebiete vorgenommen werden mußte. Schönheits- und Gesundheitsfragen in Verbindung mit der Schaffung neuer Wohnstätten waren unbekannt. Wahllos wurden in den verschiedenen Straßen einzelne Häuser errichtet, auf deren architektonische Gestaltung keinerlei Wert gelegt wurde. Die Hauptsache war, daß vier Wände aufgerichtet wurden, auf die man ein Dach legte. Sehr oft begnügte man sich mit einem einfachen Rohbau, mitunter fanden auch die Schlackensteine aus der Hütte beim Bau Verwendung. Die Zahl der Bauernstellen in der Stadt ging immer mehr zurück. An ihre Stelle traten die meist unschönen Wohnhäuser für die Arbeiterschaft der Hütte, unter die sich neue Häuser für Krämer und Handwerker mischten, denn die immer zahlreicher werdende Bevölkerung hatte auch steigenden Bedarf an allen Bedarfswaren.

Nachdem dieser erste planlose Bauabschnitt überwunden war und der Wohlstand in der Stadt stieg, ging man in den 1870er Jahren dazu über, größere ansehnliche Häuser zu errichten. Das Stadtbild wurde dadurch wesentlich beeinflußt. An die Stelle der Scheunengasse trat die Gartenstraße. Auch in der Bauerngasse ging die Zahl der Landwirtschaften erheblich zurück.

Auf die Entwicklung der Stadt, die in dieser Zeit mit der Guts- und Dorfgemeinde zu einem Gemeinwesen zusammengeschlossen wurde, hatte auch die Schaffung der Lüben-Kotzenauer Eisenbahn Einfluß. Später [* s. unten] ist dann auch die Bahnlinie Reisicht-Waltersdorf geschaffen worden, so daß Kotzenau nach drei Seiten Eisenbahnanschluß erhielt. Jetzt wurde die Bauerngasse zur Bahnhofstraße umgewandelt und bis zum Bahnhof durchgeführt. Auch an dieser neuen Straße entstanden eine Reihe geschmackvoller Neubauten. An der Bahnhofstraße blühte in dieser Zeit ein weiteres größeres gewerbliches Unternehmen - die Armaturenfabrik von Raasch - empor.

Die Stadt ging an die Errichtung mehrerer öffentlicher Gebäude. Im Jahre 1900 wurde das Rathaus errichtet, das einen wirklich guten Eindruck macht. In der gleichen Zeit entstand die Schlittgenstraße mit dem Vereinshaus. Die Marienhütte ließ ein ganzes Viertel mit schönen Arbeiterwohnhäusern errichten. Die Haynauer Straße und die Bürgerstraße (heute Hindenburg-Straße) wurden völlig umgebaut. Zu der regen Bautätigkeit trug auch die Unternehmungslust einiger Hausbesitzer und Gewerbetreibender bei. Der Wohnungsbau war damals noch keine Aufgabe der Stadt. Dagegen sorgte sie für die allgemeine Wohlfahrt und für hygienische Einrichtungen. Kotzenau erhielt eine zentrale Wasserversorgung, gleichzeitig wurde die Kanalisation eingeführt.

Als der [Erste] Weltkrieg ausbrach, hatte die Stadt einen beachtlichen Wohlstand erreicht. Die Marienhütte hatte eine sehr große Entwicklung durchgemacht. Sie beschäftigte weit über 1000 Gefolgschaftsmitglieder und zahlte jährlich weit über eine Million an Löhnen und Gehältern aus. Der Umsatz der Stadt stieg außerordentlich. Dazu kam, daß die Finanzen der Stadt durch die Steuerzahlungen der Hütte sehr gesund waren.

Diese glückliche Entwicklungsperiode wurde jäh durch den [Ersten Welt-]Krieg zerstört. Schon während des Kriegs trat ein Rückschlag im Geschäftsgange der Marienhütte ein. Erhebliche Auslandslieferungen, die die Hütte vor dem Kriege abgeschlossen hatte, fielen aus. Dann kam der Versailler Friedensvertrag mit der nachfolgenden Inflation.

Da aber die Wohnungsnot groß war, weil die Bautätigkeit fünf Jahre lang völlig geruht hatte, wurden einige kleine Häuser am Sportplatz erbaut. Die heutige Adolf-Hitler-Straße wurde angelegt und bebaut. Auch in der Stadt selbst wurden einige Häuser erbaut. In dieser Zeit entstanden einige ganz reizende Häusertypen, obwohl die Mehrzahl der Bauten aus der Zeit der Inflation alles andere als schön ist.

Da der Wohnungsmangel durch diese vereinzelten Bauten aber nicht beseitigt werden konnte, begann der "gemeinnützige Wohnungsbau" durch die öffentlichen Behörden. Als Treuhänderin trat die Schlesische Heimstätte in Aktion, die im Auftrage der Stadtverwaltung eine Reihe zweckmäßiger schöner und gesunder Wohnungsbauten geschaffen hat. Ein neuer Typ trat im Baubilde der Stadt in Erscheinung...


* siehe Gästebuch-Eintrag von Wolfgang Abramowski am 15.3.2009: Die zeitlichen Angaben im Lübener Heimatkalender 1942 über die Kotzenauer Bahnverbindungen sind falsch. Ich habe im Reichskursbuch von 1914 nachgesehen, da gab es die Kleinbahn Lüben-Kotzenau noch nicht, wohl aber die Staatsbahn von Waltersdorf, Kr. Sprottau, nach Reisicht über Kotzenau. Letztere ist also nicht, wie in dem Artikel behauptet, erst nach der Kleinbahn hinzugekommen. In den Fahrplantabellen (47 für Raudten-Kamenz und 49a für Waltersdorf-Reisicht) fehlt sowohl bei Lüben als auch bei Kotzenau der sonst übliche Hinweis auf andere Bahnstrecken. So gibt es z. B. bei Raudten und Raudten-Süd (das war damals der Name von Raudten-Stadt) den Hinweis auf die seinerzeit schon bestehende Polkwitzer Kleinbahn (Strecke 102R). Wolfgang Abramowski (1926-2013)