Raudtener Wappen
Die Familie Paeßler - Raudten/Queissen
Raudten
Queissen














Ausschnitt aus dem Stammbaum der Familie Paeßler

Bauernkriege, Revolutionen und Reformen, erster Weltkrieg, Versailler Vertrag, NS-Zeit und zweiter Weltkrieg prägten das Leben der Vorfahren von Gerd Paeßler (1931-2018) aus Raudten, bis der gesamte Besitz der Familie in Raudten und der mütterlicherseits Troschkesche Großgrundbesitz in Pommern zerschlagen waren. Damit steht die Familie nicht allein da, aber dieses Wissen tröstet nicht über all die Verluste hinweg.

Auf dieser Seite soll an das Leben und Wirken vieler Generationen der Paeßler-Vorfahren erinnert werden, wenngleich der Ausschnitt aus einem Stammbaum, der bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, hier erst bei den Großeltern väterlicherseits Alfred Paeßler (1865-1945) und Laura geb. Pflug beginnt. Ihr Sohn Georg heiratete im Jahr 1930 Hertha geb. Freiin von Troschke. Seitdem waren Georg Paeßler und sein Bruder Kurt mit ihren Familien in Raudten und Queissen ansässig.

Von Georg und Herthas Hochzeit gibt es keine Fotos mehr, dafür jedoch die folgenden beiden Bilder der Hochzeit von Kurt Paeßler und Herta geb. Ilgner am 22.8.1933 in Raudten.

Hochzeit von Kurt Paeßler und Herta geb. Ilgner am 22.8.1933 in Raudten

Das Brautpaar auf dem Weg von der Evangelischen Kirche zum Rathaus, umringt von Raudtener Kindern.

Hochzeit von Kurt Paeßler und Herta geb. Ilgner am 22.8.1933 in Raudten

Vor dem Rathaus: 1 Heinrich von Kleist, 2 Käthe Paeßler geb. Rahner, 3 Erhard Paeßler, 4 Emma Wiersing, 5 Richard Weiss, 6 Alice Stolz geb. Wismach, 7 Hans Weiss, 8 Frau Weiss, 9 Erich Ilgner, 10 Elisabeth Ilgner geb. Kühn, 11 Walter Ilgner, 12 Hanni Paeßler geb. Gundlach, 13 Alfred Paeßler, 14 Hertha Paeßler geb. v. Troschke, 16 Frau Weiss 17 Wilhelm Wiersing, 18 Ursel Russ, 19 Pastor Ernst Meißner, 20 Frau Wismach, 21 Emma Ilgner geb. Nitsche, 22 Rudolf Ilgner, 23 Herta Paeßler geb. Ilgner, 24 Kurt Paeßler, 25 Emma Ilgner geb. Wismach, 26 Gustav Ilgner, 28 Georg Paeßler, 29 Lonny von Kleist, 30 Gerd Paeßler, 31 Elisabeth von Kleist


Seinen erstgeborenen Sohn ließ Georg Paeßler im Jahr 1931 auf den Namen des Mannes taufen, der Deutschland entgegen seinen Versprechungen immer weiter ins Unglück stürzen würde. Aber noch war das für die Familie nicht absehbar. Ein gut-gehender Handelsbetrieb für Brennstoffe, Düngemittel, Baustoffe und Sämereien wurde in Raudten und eine Filiale in Queissen unter Leitung des Bruders Kurt geführt. Georg Paeßlers fachliches Wissen und Können als staatlich geprüfter Landwirt kamen ihm und seinen Kunden hervorragend zugute, zumal Raudten ländliche Struktur hatte und ein großer Teil seiner Einwohner Bauern waren.

Auszug aus dem Katasterbrief für das Grundstück Paeßler in Raudten

Auszug aus den Katasteramtsunterlagen über die beiden Grundstücke

Briefkopf der Firma Paeßler

Briefkopf der Firma

Geschäftsanzeige der Firma Paeßler im Lübener Heimatkalender 1942

Werbeanzeige im Heimatkalender Lüben 1942


Filiale Paeßler in Queissen

Filiale Paeßler in Queissen

Das Betriebsgelände in Queissen (auf dem Plan unter Nr. 15 fälschlich Päsler genannt). Auf dem Bild links ist am rechten Bildrand das Wiegehäuschen der Fuhrwerkswaage zu erkennen. Der Betrieb lag unmittelbar am Hauptbahnhof Raudten-Queissen und hatte Gleisanschluss.

Filiale Paeßler in Queissen


Hertha und Georg Paeßler 1930 auf ihrem Grundstück

Hertha und Georg Paeßler 1930 auf ihrem Grundstück.

Das Paeßler-Grundstück in Raudten

Das Paeßlersche Anwesen von der Westseite aufgenommen.

Das Paeßler-Grundstück in Raudten Das Paeßler-Grundstück in Raudten

Die Bilder zeigen von der Ostseite das Päßlersche Wohnhaus mit Betriebsgrundstück in der Bahnhofstr. 4 in Raudten. Es befand sich zwischen dem Bahnhofsgebäude Raudten-Stadt (Süd) und der Brodelwitzer Straße, siehe Stadtplan Raudten.

Die Großfamilie Paeßler 1943

1943: Aufnahme der glücklichen Großfamilie Paeßler in Raudten. Die drei älteren Kinder stammten aus Herthas erster Ehe mit Ewald von Kleist, einem Rittergutsbesitzer aus Hinterpommern. Von links oben: Lonny, Georg, Elisabeth, Heinrich;
Karin, Rosemarie, Hertha mit Edda, Henning, Gerd, Christa. Heidrun, das 10. Kind, war noch nicht geboren.

Abschied auf dem Bahnhof Raudten-Stadt 1944 Abschied auf dem Bahnhof Raudten-Stadt 1944

Die beiden Fotos entstanden um 1944 auf dem Bahnsteig Raudten-Stadt. Fast die ganze Familie ist anwesend: Karin, Christa, Rosemarie, Henning, Gerd, Lonny, Elisabeth, Edda, Mutter Hertha. Außerdem Georgs ältester Bruder Alfred, der vom Urlaub in Raudten wieder an die Front musste. Das Foto rechts zeigt wohl einen Sonntagsausflug. Es sieht aus, als wollte die Familie per LKW einen Ausflug nach Queissen starten. Auf der offenen Ladefläche des Lastwagens sieht man eine provisorische Sitzgelegenheit. Die beiden Jungen rechts sind die Vettern aus Queissen. Auch Vater Georg ist bei der Familie. Vielleicht fotografiert Sohn Heinrich. Oder ist er schon an der Front? Heinrich kam tragischerweise noch kurz vor Kriegsende in Ostpreußen ums Leben. Der jüngste Bruder von Georg, Erhard Paeßler, ist in Russland vermisst. So hat auch Familie Paeßler den Wahnwitz eines Diktators mit dem Verlust von Heimat und Angehörigen büßen müssen.


Seit ihrer Flucht aus Schlesien und dem Kriegsende wusste die Familie Paeßler nichts über das Schicksal ihres ältesten Sohnes und Bruders Heinrich. Erst im Jahr 1951 informierte das DRK über die Erklärung eines aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Pfarrers, der den Tod Heinrichs v. Kleist bestätigte. Der Briefwechsel zwischen seiner Mutter und dem Pfarrer gehört zu den traurigen Erinnerungen an eine schlimme Zeit. Danke, dass wir die Briefe 60 Jahre danach lesen dürfen!

2.11.1951
Sehr geehrter Herr Pfarrer!
Vom Rotkreuzsuchdienst erhielt ich jetzt die Heimkehrer-Erklärung über meinen Sohn Heinrich v. Kleist, in der Sie angegeben haben, daß mein Sohn Anfang März 1945 in Heiligenbeil/Ostpreußen gefallen ist. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Mühe, die Sie sich mit dieser Benachrichtigung gemacht haben. Es ist dies die erste und einzige Meldung, die ich über meinen Sohn bekommen habe. So schwer mich diese Nachricht auch getroffen hat, so ist es mir trotzdem ein Trost zu wissen, daß er noch vor dem Zusammenbruch den Tod gefunden hat und ihm die entsetzliche Gefangenschaft erspart geblieben ist. - Wenn Sie noch auf Einzelheiten sich entsinnen können, die mit seinem Tode zusammenhängen, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir darüber etwas berichten würden. Haben Sie meinen Sohn persönlich gekannt, ist er gleich tot gewesen oder war er noch längere Zeit verwundet? Ich danke Ihnen im Voraus sehr für Ihre Mühe!
Hochachtungsvoll Hertha Paeßler

12.11.1951
Sehr verehrte, gnädige Frau!
Auf Ihren vorstehenden Brief muß ich Ihnen mitteilen, daß ich leider nicht in der Lage bin, Ihnen nähere Angaben zu machen, außer daß ich die Tatsache von dem Tode Ihres Sohnes selbst mit Gewißheit aussagen kann. Wir lagen damals Ende Febr. 1945 mit der V. Kp. der s. Heeres-Pz.-Jg.-Abt. 536 auf einem Gutshof am Stadtrand von Heiligenbeil/Ostpreußen, die nähere Bezeichnung war Heiligenbeil Abbau. Da nun darüber inzwischen beinahe 7 Jahre vergangen sind, kann ich mich an Einzelheiten kaum noch erinnern. M. W. gehörte Ihr Sohn zu dem jüngsten Ersatz unserer Abt., der sich erst wenige Wochen (oder Monate?) bei uns befand. Ob Ihr Sohn durch feindlichen Beschuß oder durch Fliegerbomben ums Leben kam, kann ich ebenfalls nicht mehr mit Gewißheit sagen. Ich weiß aber noch mit Bestimmtheit, daß Ihr Junge zusammen mit einem anderen gefallenen Kameraden, der etwa gleichen Alters gewesen ist, im Garten des Gutshofes zur letzten Ruhe bestattet worden ist und daß auch die Gräber noch je mit Kreuz und Namen versehen worden sind. Der bekannte und berühmte Name Ihres Sohnes hat sich mir dabei besonders nachdrücklich eingeprägt, und ich konnte mich bei der Durchführung der Suchaktion des DRK trotz meiner dazwischenliegenden 3-jährigen russischen Gefangenschaft und vieler neuer Eindrücke noch genau an diesen Fall erinnern. Ich kann verstehen, wie tief Sie nach langen Jahren des Wartens die Nachricht seines Todes bewegt haben mag und möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Gott der Herr weiß, warum er Ihrem Jungen dieses Geschick bestimmt hat und ihn vielleicht vor Schlimmerem bewahrt. Herzlichst Ihr sehr ergebener B. Berg

Warszawa 10.IV.1958
Lieber Herr Paessler
Ihr Brief hat mich sehr erfreut. Ich habe große Augen gemacht, ob ich recht sehe. Schon 13 Jahre sind vergangen, wo ich bei Ihnen gearbeitet habe. Sehr oft habe ich an Sie gedacht und von Ihnen gesprochen. Aber daß ich von Ihnen einen Brief bekomme, hätte ich nie geglaubt. Es ist für mich eine große Ehre, daß Sie meiner gedachten. Ich habe Sie immer für einen wertvollen Menschen gehalten. Ich und meine Familie sind gesund. Ich arbeite in meinem Fach. Seien Sie so liebenswürdig und schreiben Sie mir das nächste Mal viel mehr in deutscher Sprache. Noch einmal vielen Dank für den Brief. Viele herzliche Grüße sendet Stasiek

Aus Georg Paeßlers Betrieb waren nach Kriegsbeginn drei Männer zur Wehrmacht einberufen worden. Daraufhin wurden der Firma ein französischer Kriegsgefangener und ein polnischer Zwangsarbeiter zugewiesen. Dafür war man dankbar, denn das Geschäft musste auch im Krieg laufen...

1958 konnte Georg Paeßler den Kontakt zu Stanislaus Psut aus Warschau wiederaufnehmen. Nebenstehender Brief ist dessen erste Antwort.

Georg Paeßlers Sohn schreibt: "Mein Vater genoss in Raudten aufgrund seines integren Charakters ein hohes Ansehen. Er war allseits geachtet und beliebt. Nach dem Krieg ist er wieder aufgestanden und hat für seine Frau und seine Kinder auch nach dem Neuanfang in herausragender Weise gesorgt. Wir erinnern uns in Liebe und Dankbarkeit an ihn."
Der Nachruf für ihn beweist, dass, wenn auch kein Stein mehr auf dem anderen blieb, der Zusammenhalt in einer großen Familie seinem Leben Sinn und Bedeutung über den Tod hinaus gegeben hat.

Traueranzeige für Georg Paeßler im Dezember 1982