Die Familien Baumann und Nerlich
Chronik der Familie Berndt














Die folgende Ansicht von Lüben ist mir nach über zehn Jahren Forschung zum ersten Mal begegnet. Möglich, dass sie gar nicht als Postkarte angeboten worden ist. Der Text auf der Rückseite beweist, dass sie von der Familie des Fotografen Rudolf Baumann (Breite Str. 7) verschickt wurde. Bestimmt hat Rudolf Baumann (17.11.1893-1983) das Foto selbst aufgenommen. Die Familie schreibt an Ernestine Ulbrich in Berlin:
Zu Deinem 77. Geburtstag senden wir noch nachträglich die herzlichsten Glück- und Segenswünsche. Alles Gute wünschen wir Dir und senden Dir, Frieda, Marta und Ihrem Gemahl die herzlichsten Grüße. Heut hat Fritz Geburtstag*. Familie Baumann, Lüben, 17.11.1930
* Fritz lebte schon mehr als zehn Jahre in Südafrika! Siehe Text weiter unten.

Es folgen Bilder des Foto-und-Radio-Geschäfts in den 1930er Jahren in der Breiten Straße. Daneben die Eigentümer und ihre Angestellten zur gleichen Zeit. Von links oben: Käthe Schliebs, Else Matter geb. Schmidt, Käthe Hoffmann geb. Lippert, Frau Fiebig, Frau Gertrud Baumann (1892-1972), Herr Rudolf Baumann, Luise Wolle.

Im Heimatkalender 1942 veröffentlichte Rudolf Baumann diese Anzeige:

Es gibt auch ältere Fotos, die uns mehr von der Familiengeschichte erzählen. 1916 wurden die nächsten beiden Bilder aufgenommen. Wir sehen von links: Frieda Neufert, Soldat Eduard Dreßler (wohl auf Heimaturlaub!) von der Fahrradhandlung neben der Apotheke am Ring, Dora Wenzlawiak, Gertrud Baumann geb. Nerlich, Frau Dreßler, Frieda Bethke geb. Nerlich (*1899).

Aber was hat das Foto von den Beisetzungsfeierlichkeiten für den Dragoner-Kapellmeister August Pohl hiermit zu tun? Diese Aufnahme hat Fotograf Bernhard Nerlich gemacht! Der Schwiegervater von Rudolf Baumann! Ihm gehörte zuvor der Laden in der Breiten Straße. Als seine Tochter Gertrud den Schweizer Fotografen heiratete, übergab Bernhard Nerlich das Geschäft an ihn.

Besuch in Oberau bei Familie Schubert 1930/31.
1 Bertha Wehner, 2 Frau Schubert (Mühle Oberau), 3 Walter Herrmann, 4 Frau Herrmann geb. Schubert, 5 Lehrer Schubert mit 6 Inge Baumann auf dem Arm, 7 Frau Nerlich, Mutter von Gertrud Baumann geb. Nerlich, 8 Gertrud Baumann, 9 Bernhard Nerlich, ihr Vater der Fotograf.

Gertruds Bruder Fritz Nerlich 1935 zu Besuch in Lüben! Um diesen Besuch zu verstehen, lesen Sie bitte zuerst den folgenden Artikel aus dem LHB 18/1961.

Lübener in aller Welt
Lübener Heimatblatt 18/1961
Fritz Nerlich, geboren 1889, ist ein Sohn des Kaufmanns Bernhard Nerlich, erst Liegnitzer Straße, dann Breite Straße. Seine Schwester, Frau Gertrud Baumann (Fotogeschäft), lebt in der Schweiz, sein Bruder Georg starb vor fünf Jahren in Afrika, und die älteste Schwester, Frieda Bethke, lebt in Oberursel. Fritz Nerlich besuchte die Volksschule und war, wie er selbst berichtet, ein ganz schlechter Schüler, weil er nicht lernen wollte. In Liegnitz ging er als Bäcker und Konditor in die Lehre. Nachdem er einige Jahre in der Heimat gearbeitet hatte, ging er im August 1909 nach Uruguay. Dort arbeitete er als Bäcker, Fleischer, Arbeiter und vieles andere. Als dort wieder einmal eine Revolution ausbrach, ging er auf Anraten eines deutschen Lehrers nach Buenos Aires, wo er in einem deutschen Einwanderer-Hotel (Deutscher Bund) als Bierausschenker Arbeit fand. Im August 1911 zog er mit einem Maulesel nach Kapstadt. Zwischen durch war er in Rhodesien, und manche Irrfahrten, die für ihn aber immer neue Eindrücke hatten, brachten ihn weit herum. Im November 1914 wurde er interniert und blieb fünf Jahre in Gefangenschaft. Danach fand er bald wieder Arbeit als Verkäufer, konnte sich später selbst eine Existenz schaffen. 1926 kam sein Bruder Georg mit seiner Frau nach Afrika und brachte ihm seine Verlobte mit, die er 1927 heiratete. Auch dem außerordentlichen Fleiß seiner jungen Frau ist das weitere Vorwärtskommen der beiden zu verdanken. Er ist viel herumgekommen, er kennt die Einheimischen und kennt die vielen Schwierigkeiten, dort zu leben, und doch hat er alles gemeistert. Fritz Nerlich wohnt in Zeerust/Transvaal, Südafrika. Das Foto zeigt ihn und seine Frau bei einem Besuch 1935 bei seiner Schwester in Lüben, mit deutschen Volksliedern empfangen von einem Mädchenchor.


Und hier nun der Bogen zu mir persönlich!
Meine Mutter Ursula Moch, Inge Baumann und Rudolf Klose wurden im gleichen Jahr geboren und besuchten zeitweise gemeinsam die Volksschule Lüben. Sie waren Freunde.
So gelangte die Lüben-Chronik des Pastors Klose über mehrere Besitzer in meine Hände.
Der erste Eigentümer war Reinhold Liebich, was er durch einen Stempel bezeugte. Von ihm wurde das Buch weitergegeben an Georg Nerlich. Sein Stempel vermerkte: Georg Nerlich - Feinkost-Kolonialwaren - Dresden A 21 - Eibenstocker Str. 31. Den kleinen Laden findet man noch heute bei Google-maps. Danach trug seine Schwester Frieda Bethke geb. Nerlich ihre Nachkriegsadresse in Oberursel/Taunus in das Buch ein und vermerkte die Jahreszahlen 1951-1962. Vermutlich die Zeit, in der ihr das Buch gehörte.

Sie schenkte es ihrer Nichte Inge geb. Baumann, verh. Auer von Herrenkirchen, die es an ihren Schulfreund Rudolf Klose weitergab, der in Ostdeutschland lebte und somit wenig Möglichkeiten hatte, sich über die alte Heimat zu informieren. Er wiederum hatte einen engen Kontakt zu meiner Mutter und wollte meine Lüben-Forschungen unbedingt unterstützen. So kam das Buch in meinen Besitz! Eine erstaunliche Geschichte, die zeigt, wie sehr wir alle miteinander verbunden sind. Wir müssen es nur herausfinden! Ich wünsche mir, dass Nachfahren der Baumanns und Nerlichs und Auer von Herrenkirchen diese Seite finden und mitgestalten.