Die Straßenbauer-Sippe Ernst
Hugo Feige (1883-1943) Bürgermeister von 1919-1933














Über einige Mitglieder der "Straßenbauer-Sippe Ernst"

Familientreffen Ernste-Tag in der 'Birke' bei Braunau, Pfingstmontag 1927

Familientreffen "Ernste-Tag" in der "Birke" bei Braunau, Pfingstmontag 1927 - Namen siehe weiter unten

Im beruflichen Schaffen der Straßenbauer bildeten die Angehörigen der Sippe Ernst für ihre Heimat Niederschlesien geradezu einen Begriff. Der Hang zum Straßenbau muß bei ihnen stark ausgeprägt gewesen sein, finden sich doch in drei aufeinanderfolgenden Generationen nicht weniger als 18 Mitglieder der Sippe, die Straßenbauer waren oder einen verwandten Beruf ausübten. Das Kleinpflaster wurde um 1870 erfunden und der "Steinsetzer" erst in den darauffolgendcn Jahren ein selbständiger Beruf. Schon vor 1900 finden wir einen Ernst als Steinsetzmeister in Lüben, der seinen Beruf bis 1908 ausübte, ihn erst von da ab, etwa 60jährig, aufgab und seinen kleinen Hof in Altstadt bei Lüben selbst bewirtschaftete.

Es war Reinhold Ernst, geboren um 1850, der zuerst mit seinem jüngeren Bruder Robert Ernst in Lüben ein Straßenbaugeschäft begonnen hatte. Beide waren Söhne des Gastwirts Johann Carl Friedrich Ernst, der als der "Birkenwirt" - er besaß das Gasthaus Zur Goldenen Grenzbirke in Braunau bei Lüben - in weitem Umkreis großes Ansehen genoß. In jenem Gasthof kam später regelmäßig die Großfamilie zu ihren Treffen zusammen.

Robert Ernst, geboren 1858, war von 1880 bis 1885 bei seinem Bruder Reinhold in Lüben als Steinsetzmeister tätig. 1885 siedelte er nach Hundsfeld über und machte sich dort selbständig. 1889 verlegte er dann seinen Wohnsitz und seinen Betrieb nach Trebnitz. Aus kleinen Anfängen hat er letzteren in mühevoller Arbeit zu einem ansehnlichen Straßen- und Tiefbaugeschäft ausgebaut, das im Durchschnitt etwa 150 Arbeitskräfte beschäftigte.

Seine drei Söhne, Paul, Reinhold und Robert lernten bei ihrem Vater das Steinsetzerhandwerk. Als Robert Ernst, erst 55jährig, 1914 starb, setzte er seine beiden Söhne Reinhold, geboren 1890, und Robert, geboren 1893, testamentarisch zu gleichen Teilen als Erben seines Straßenbaugeschäftes ein. Nach dem ersten Weltkrieg konnten sie dann ihren Betrieb fortführen und ausbauen, so daß im Durchschnitt 200 Arbeitskräfte Beschäftigung fanden. Ihr Vater Robert hatte anfangs nur Steinsetzarbeiten ausgeführt, später aber übernahm er auch größere Chausseearbeiten, umfangreiche Erdarbeiten, Kabelgräben, Wasserleitungs- und Kanal-, sowie sämtliche Tiefbauarbeiten. Seine Söhne setzten die Arbeiten ihres Vaters in den Kreisen Trebnitz, Militsch, Groß-Wartenberg, Oels und Wohlau fort. Sie haben ferner eine Menge z. T. kleinere, aber z. T. auch sehr große Straßenneubauten geschaffen. Reinhold führte außerdem Meliorationsarbeiten aus, während Robert z. B. eine größere Betonstraße im Kreise Trebnitz herstellte. Für diese Arbeiten besaßen die Brüder größere Feldbahnanlagen, mehrere Lokomotiven, Lastkraftwagen, Personenwagen und modernste Maschinen und Geräte. Robert hatte im Kreise Trebnitz eine eigene Kiesgrube mit allen Sorten von Kies und Sand. Als das Geschäft immer größer wurde, trennten sich die Brüder und jeder führte nun bis 1945 ein eigenes Geschäft mit einem Durchschnitt von 200 Arbeitskräften.

Ein weiterer Sohn des schon erwähnten "Birkenwirtes" zu Braunau, des Johann Friedrich Ernst, war Julius Ernst. Er selber war nicht Steinsetzer, doch drei seiner vier Söhne, nämlich Gustav, Martin und Emil. Martin Ernst, geb. 1896, erlernte das Steinsetzmeisterhandwerk bei seinem Bruder Gustav. 1928 übernahm er dessen Betrieb in Kotzenau. Unter seiner Leitung wurden viele Kilometer Gräben drainiert, so daß durch diese Meliorationsarbeiten große Flächen von Brachland der Landwirtschaft als Nutzland zugeführt wurden. Im gesamten Kreisgebiet Lüben gab es wohl kaum ein Dorf, in dem Martin Ernst nicht bekannt gewesen wäre. Er führte den Ausbau der Badeanstalt in Kotzenau durch und schuf die Badeanstalten in Seebnitz, Gläsersdorf und Gugelwitz neu. Bei der Durchführung solcher Aufgaben entwickelte er in gestalterischer Hinsicht großes Geschick. So schuf er verschiedene Tennisplätze und die weit über die Kreisgrenze hinaus bekannte Sandrennbahnstrecke in Kotzenau, die oft 20.000 bis 30.000 Besucher in das Heidestädtchen gelockt hat. An sämtlichen Chausseen, die durch den Kreis Lüben verliefen, hat er viele Abschnitte gebaut. Er führte die Begradung der Straße durch, die von Seebnitz in Richtung Lüben im Bereich der Sprottebrücke verlief. An Straßenneubauten ist das gesamte Erdplanum einschließlich der Fahrbahndecke von Gläsersdorf nach Braunau seine Arbeit. Ferner wurden durch ihn die Dorfstraßen in Kniegnitz, Zedlitz, Schwarzau, Brauchitschdorf, Klein Reichen usw. ausgebaut. In Lüben selbst ist sein Werk der bedeutende Umbau der Breiten Straße und der Hindenburgstraße, der Ausbau der Bismarckstraße und die Neuschaffung der Siedlungsstraße zur Heil- und Pflegeanstalt. 1945 fand Martin Ernst beim Einzug der russischen Truppen in seinem väterlichen Dorf den Tod.

An den Sippentagen, den "Ernste"-Tagen, wie die Familie sie zu nennen pflegte, kamen die "Ernste's" aus nah und fern in der "Birke" zusammen. Da saßen dann die Straßenbauer zusammen am Tisch und führten oft auch geschäftliche Gespräche, bei denen es sich manchmal um Millionen-Projekte handelte. Seit 1945 hat sich das Bild wesentlich verändert. Gleich den anderen Mitgliedern der Sippe sind die Straßenbauer arm geworden. Keiner von ihnen hatte mehr die Möglichkeit, ein wenn auch noch so bescheidenes Straßenbaugeschäft zu beginnen. Schade um die große Begabung und Eignung für diesen Beruf.

Gertrud Ernst, 1959

Die Straßenbauer-Sippe Ernst im Jahr 1927

1 Ruth Ernst, Kotzenau 2 Georg Günther, Warmbrunn 3 Margarete Baum, Waldenburg 4 Erna Salomon, Waldenburg 5 Margarete Ernst, Lüben 6 Ernst Reichstein, Lüben 7 Ida Ernst geb. Wuttke, Glogau 8 Paul Ernst, Glogau 9 Raffel, Kotzenau 10 Charlotte Ernst geb. Brühl, Jauer 11 Max Ernst, Jauer 12 Hilde Ernst geb. Wilhelm, Kotzenau u. Lüben 13. Martin Ernst, Kotzenau u. Lüben 14 Ernst, Seebnitz
15 Georg Letzner, Liegnitz 16 Karl Ernst, Lüben 17 Ernst, Seebnitz 18 Gustav Ernst, Kotzenau 19 Margarete Ernst, Kotzenau 20 Wilhelm Ernst, Kotzenau 21 Else Letzner geb. Hielscher, Lüben 22 Emma Baum geb. Ernst, Waldenburg 23 Wilhelm Baum, Waldenburg, 24 Anna Ernst geb. Gürke, Striegau 25 Bruno Ernst, Striegau 26 Frieda Ernst geb. Märtin, Trebnitz 27 Reinhold Ernst, Trebnitz 28 Ernst, Seebnitz
44 Selma Deichsel geb. Wunderlich, Braunau 45 Emil oder Erich Ernst, Seebnitz 46 Helene Ernst, Lüben 47 Arthur Ernst, Lüben 48 Wunderlich, Braunau, 49 Karl Wunderlich, Braunau 50 Pauline Ernst, Liegnitz 51 Adolf Ernst, Lüben, 52 Julius Ernst, Seebnitz 53 Gustav Ernst, Glogau 54 Oswald Reichstein, Lüben 55 Paul Hielscher, Lüben 56 Agnes Riedel geb. Ernst, Görlitz 57 Riedel, Görlitz
29 Herbert Ernst, Lüben 30 Robert Ernst, Trebnitz 31 Elly Ernst geb. Knoll, Trebnitz 32 Käthe Ernst, Liegnitz 33 Helene Ernst, Liegnitz 34 Margarete Ernst, Liegnitz 35 Clara Ernst, Liegnitz 36 Minna Hielscher geb. Ernst, Lüben 37 Klara Günther geb. Ernst, Warmbrunn 38 Ernst, Glogau 39 Minna Raffel geb. Ernst, Kotzenau 40 Martha Ernst geb. Hollender, Lüben 41 Martha Reichstein, Lüben 42 Minna Wunderlich, 43 Paul Ernst, Lüben
58 und 59 Deichsel, Braunau 60 Rudi Ernst, Striegau 61 Georg Reichstein, Lüben 62 Lothar Riedel, Görlitz 63 Ernst, Seebnitz 64 Ruth Letzner, Liegnitz 65 Günther Letzner, Liegnitz 66 Ernst, Seebnitz