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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 122/123
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1634 am Tore von Lüben Abraham von Üchtritz auf Bärsdorf
und Balthasar von Niesemeuschel von Oberau von einem Trupp
Reiter überfallen und erschossen wurden454).
Als die Kriegsgefahr sich verzogen hatte, brach die Pest mit
verdoppelter Gewalt los, um nach dieser letzten Heimsuchung radi-
kal zu verschwinden. Im Februar war sie erloschen. Infolge-
dessen wurde für den ordentlichen monatlichen Bußtag455), den
14. Februar, ein "Lubnisches Dankfest anberaumt wegen gnädiger
Abwendung der grausamen Pest- und Sterbensgefahr". Es wurde
dabei, wie der Glöckner Berndt berichtet, zu Mittag "eine allge-
meine Leichensermon zum christlichen Ehrengedächtnis allen
dehnen frohmen Christen gehalten, so vergangenen 1633 Jahres
bey dieser Stadt und Kirchfahrt in der grausamen Pest ihr Leben
beschloßen und auffgeben müssen und in der Stielle ohne Klang
und Gesang begraben worden". Die Freude war verfrüht. Mitte
Mai brach die Seuche wieder aus und grassierte bald schlimmer
als je zuvor, am schlimmsten in den Monaten August, September,
Oktober. Am 17. September (14. p. Trin.) fanden 25 Begräbnisse,
acht Tage später 24, am 1. Oktober 28, am 8. Oktober 46, am
22. Oktober 26, am 29. Oktober 23 Beerdigungen statt; auch an
den Wochentagen wurden durchschnittlich 4-5 Personen zu Grabe
getragen. Erst im Dezember erlosch die Krankheit, um nun nicht
mehr wiederzukehren. Sie hatte 995 Opfer gefordert, zu denen
noch 251 anderweitige Todesfälle traten. In Summa starben in
den fünf Jahren von 1630-34: 4303 Personen - davon 2916
an der Pest. Im gleichen Zeitraume wurden 951 Kinder getauft.
Der Überschuß der Todesfälle über die Geburten betrug demnach
3352. Die Kirchgemeinde und die Stadt verloren die Hälfte ihrer
bisherigen Seelenzahl456). Damit war die Blüte der Stadt auf
Jahrzehnte hinaus gebrochen.
Das Jahr 1635 brachte den Schlesiern die große Enttäuschung
des Prager Friedens, der die schlesischen Lande der Gnade und
Ungnade des Kaisers preisgab; es verlief aber für das unglückliche
Land im allgemeinen ruhig. Auch die Lübener Bürgerschaft durfte
aufatmen, wenn auch eine kleine kaiserliche Besatzung in der Stadt
blieb457). Außerhalb der Stadtmauern war es freilich nicht ge-

454 So berichtet Sinapius, Schlesischer Adel, I S. 1006. Organist
Heinrich gibt im Lübener Stadtblatt vom 9.12.1886 an, daß der Guts-
herr von Oberau - ohne Namennennung - am 9.10.1633 nach Lüben
gefahren und von den Soldaten des damals dort lagernden Schaffgotsch-
schen Korps ermordet worden sei. Die Quellenangabe fehlt.
455 Die monatlichen Bußtage wurden im Juli 1930 für das ganze
Fürstentum angeordnet und in der Regel am ersten Freitag des Monats
gefeiert.
456 cf. meinen Aufsatz im IV. Heft der Mitteilungen des Geschichts-
und Altertumsvereins zu Liegnitz "Beiträge zur Geschichte der Besiede-
lung des Kreises Lüben", Seite 132/33.
457 11.7.1635 begräbt Korporal Georg Kranlender vom Colloredi-
schen Regiment eine Tochter.
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heuer, so wurde z. B. am 10. September ein Bürger von Polnisch-
Grätz, Gregorius Gewarta, in der Stadtheide von räuberischem
Gesindel erschossen, und am 12. Dezember "hat Hans Feldinger,
ein junger Bürger von Lüben, als er nachher Ließa in Pohlen
verreißen wollen, eines erbärmlichen Todes unter barbarischen
Straßenräubern und Mördern sterben müssen"458).
Im folgenden Jahre hatte die Stadt wieder Quartierlasten
zu tragen, da sich die schlesischen Fürsten zur Sühne für ihre Ver-
bindung mit Sachsen hatten verpflichten müssen, kaiserliche Garni-
sonen einzunehmen. In Lüben werden Angehörige der ver-
schiedensten Regimenter genannt: Marzini, Gallas, Dietrichstein,
Annaberg u. a. Die Stadt war anscheinend dem Bereich des
Oberst Leon Crapello de Medicis überwiesen. Er schrieb wenig-
stens459) am 28.1.1636 an den Oberlandeshauptmann Herzog
Heinrich-Wenzel von Münsterberg: "Das Ewer Fürstl. Gnaden
den Obristen Pechwitzen auf sein vielfältiges Ansuchen, das ihme
die stadt Lüben zur erweiterung des Quartiers gegeben würde,
solches dennoch obangeführter motiven gäntzlichen abgeschlagen,
thue gegen Ew. fürstlichen Gn. Ich mich der so hohen gnädiger
Vorsorg vnterthänig bedancken, das im fall das geringste noch
dießeits der Oder logiert werden solle, würde in warheit die
Garnison alhier mercklichen großen mangel vnd abbruch leiden
müssen, sintemahlen zuvor hier der nachstandt wol in die 16
Wochen verbleiben thut". - Auch im Jahre 1637 behielt Lüben
seine Garnison, vermutlich eine Kompagnie des Colloredischen
Regiments. Immerhin war auch solche Einquartierung nicht
ganz harmlos, das beweist eine Notiz im Totenregister betr. einen
Kaspar Scholz, "welcher eine lange Zeit in trewen diensten bey
Hans Richtern zur Altstadt sich befunden und kurz zuvor, ehe
beym fortzuge der Soldaten die fewersbrunst zur Altstadt ange-
gangen, sein Leben beschloßen (7.9.1637), in welcher fewersbrunst
4 Höffe neben andern häußlein, auch das Getreide in scheune
unter andern in Herren Kätzlers Gutte über die anderthalbhundert
Schock gewesen gantz auffgegangen".
Im Frühjahr 1638 rief eine Strafexekution, die an der Stadt
vollzogen wurde, einige Aufregungen hervor460). Das Oberkriegs-
kommissariat in Breslau hatte herausgefunden, daß Lüben noch
mit der Zahlung von 1345 rtl. 8 gr. 9 hl. für Frachtunkosten bei
einer Lieferung von 4000 Scheffel Mehl rückständig sei. Der
Oberamtskommissarius Wally von Sallhausen drohte am 29. Mai,
daß das Schönkirchsche Dragonerregiment in Lüben einquartiert

458 Notizen in dem Totenregister.
459 Staatsarchiv Rep. 28 VII 1 b.
460 Staatsarchiv Rep. 28 VII 1 c. Eine Anzahl Schriftstücke wur-
den in der Sache gewechselt; sie sind datiert vom 29.5.; 31.5.; 2.6.;
3.6.; 4.6.; 5.6.; 6.6.; 8.6.; 12.6.; 9.7.