Zum Gesamtüberblick Zur vorigen Seite Zur nächsten Seite Zur letzten Seite (Inhalts- und Abbildungsverzeichnis)
Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 198/199
- 198 -

Stocken geraten. Lüben hatte in den beiden ersten Schlesischen
Kriegen von der Not des Krieges nichts zu spüren gehabt. Die
Stadt mußte im Winter 1744 einen Trupp Gefangene und ein
Bataillon aufnehmen591). Während die Truppen exerzierten,
hatten die Bürgerwachen den Wachtdienst zu leisten. Letztere
mußten auch, wenn keine Garnison am Orte war, die Torwachen
stellen. Im übrigen waren die Bürger durch Order vom 21.6.
1745 angewiesen, sich gegen feindliche Insurgentenscharen selbst
zu schützen. Wesentlich schärfer waren die Bestimmungen, welche
1756 erlassen wurden591). Die Kassenbestände waren nach Glogau
zu bringen; um 10 Uhr waren die Tore zu schließen und die Schlüssel
dem Bürgermeister abzuliefern. Die Befreiung vom Wachtdienst,
welche einzelne Bürger kraft besonderer Privilegien besaßen,
wurde verweigert592). Stündlich zogen die Wachen auf. Der
Bürgerschaft wurde eingeschärft, alle feindlichen Bewegungen und
besonders herumstreifende Korps zu beobachten. Bald hörte593)
man in der Kirche von den Erfolgen des Königs, wenn von der
Kanzel der "komplete Sieg bei Lowositz" oder der "glorreiche Sieg
bei Prag" gemeldet ward. Dann wurde man aber gewahr, daß
sich das Blatt gewendet haben mußte. In der Kirche wurden scharfe
Edikte gegen Desertionen und gegen die Verbreitung feindlicher
Patente und Befehle verlesen. Der Feind war wieder im Lande,
und Ende Oktober 1757 erschien der sächsische Oberst von Gers-
dorff und quartierte sich mit einigen hundert Panduren in der
Stadt ein. Sofort etablierte sich in Lüben das habsburgische
Regiment. Ein von dem kaiserlichen Oberst-Landes-Kriegskom-
missar J. M. Collowrath aus dem kaiserlichen Hauptquartier Lissa
am 28. Oktober erlassenes Edikt tat der Bürgerschaft kund, daß
"durch die von dem Allerhöchsten Gott gnädiglichst gesegneten
Kaiserlich Königlichen Waffen der dem Kaiserlich Königlichen
Landrath von Pannewitz anvertraute Lübnische Krayß hinwieder
Ihro Kaiserl. Königl. Majestät Erbbothmäßigkeit anheimgefallen
sei". Dem Landrat ward befohlen, die katholischen und akatho-
lischen Geistlichen anzuweisen, hinfort "die Kollekte pro Fran-
cisco I. Imperatore et Coregente et pro Maria Theresia Impera-
trice et Regina nostra zu halten" (die Fürbitte für den Kaiser und
Mitregenten Franz I. und für unsere Kaiserin und
Mitregenten Franz I. und für unsere Kaiserin und Königin
Maria Theresia), er selbst habe "darob zu invigilieren, daß solches
in gehörige Vollziehung gesetzet werde".

591 Stadtarchiv Acta betr. Sicherheitsmaßregeln 1744-1778.
592 Ebenda. Am 3.10.1603 erwarb Hans Scheibichen eine Reich-
krambaude am Rathause für einen Buchladen für 800 rtl, wobei ihm
Befreiung vom Wachtdienst zugesichert wurde. Infolgedessen weigerte
sich jetzt der Inhaber der Baude, Wachtdienst zu leisten.
593 Das Folgende nach dem Aufsatz "Beiträge zur Geschichte der
Stadt Lüben unter der Regierung Friedrichs des Großen".
- 199 -

Die habsburgische Herrschaft dauerte nicht lange, aber sie
hinterließ der Bürgerschaft ein sehr trauriges Vermächtnis. Am
17. November entstand durch Unvorsichtigkeit eines bei Gersdorff
bediensteten Mohrs im Hinterhause des Grünen Baums ein
Feuer, das schnell um sich griff. Zwar wurde sofort Lärm ge-
schlagen, aber während die Bürger zum Löschen herbeieilten, fielen
die Panduren in die Häuser ein und begannen zu plündern.
Infolgedessen war die Bürgerschaft mehr auf die Sicherung ihrer
Habseligkeiten als auf Löschhilfe bedacht. Bald stand die ganze innere Stadt
in Flammen. Da auch die Torhäuser brannten, war es den herbei-



Taufstein und Sakramentshäusschen in der evangelischen Kirche



eilenden Landleuten kaum möglich, in die Stadt einzudringen,
ganz abgesehen davon, daß sie von den Panduren direkt daran
gehindert wurden. Beinahe wäre auch die evangelische Kirche ein
Raub der Flammen geworden, wenn es nicht gelungen wäre,
durch die Pforte eine Spritze hereinzubringen, und wenn nicht
einige adlige Herren vom Lande mit Ausdauer und Opferwillig-
keit an der Rettung des gefährdeten Gotteshauses mitgearbeitet
hätten. Innerhalb der Stadtmauer blieben außer der Kirche nur
das Schulhaus, die beiden Diakoniehäuser, das Glöcknerhaus, die
katholische Kapelle, das Haus des Dr. Mattheus und 9 andere