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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 254/255
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der städtische Oberförster Güttig 200 rtl., der Forstinspektor
Keppelmann 50 rtl. zu decken.
Die beiden Organe der Stadtverwaltung, Magistrat und
Stadtverordnetenversammlung, bedurften Zeit, um die richtige
Stellung zueinander zu finden. Da auf beiden Seiten das Stre-
ben vorhanden war, die eigenen Rechte zu wahren, gab es bald
Reibungen und Konflikte. Die Magistratsmiglieder suchten ge-
legentlich die Kontrolle der Stadtverordnetenversammlung zu um-
gehen, während diese, alljährlich durch Neuwahl eines Drittels
ihrer Mitglieder verjüngt, eine Reihe von Männern in ihrer
Mitte zählte, die nicht daran dachten, zu allem, was der Magistrat
tat, Ja und Amen zu sagen, sondern geneigt waren, ihn gelegent-
lich ihre Macht fühlen zu lassen. Wagten doch die Stadtverord-
neten, unter Umständen der Königlichen Regierung entgegenzu-
treten, was in der friederizianischen Periode undenkbar gewesen
wäre. So hatte die Regierung am 19.8.1809 verfügt, daß in
den Zeitungsberichten von Lüben und Wohlau auch der höchste
und niedrigste Wärmegrad anzugeben sei, und daß daher in beiden
Städten Barometer und Thermometer angeschafft werden müßten.
Die Lübener Stadtverordneten lehnten die Anschaffung ab, wur-
den aber von der Regierung beschieden, daß nach § 184 der
Städteordnung die zur Ausführung der Polizeianstalten not-
wendigen Kosten bewilligt werden müßten. Indes verzichte die
Regierung auf die Wetterbeobachtung in Lüben, und die Bürger
waren es zufrieden, ohne Thermometer weiterzuleben.
Die Kriegsjahre 1812 und 1813 brachten auch Kampf zwischen
Magistrat und Stadtverordneten. Letztere monierten die un-
ordentliche Kassenführung der Ratmänner Umlauff, Hayn und
Pfeiffer, welche Ende August 1812 noch nicht ihre Abschlüsse ein-
gereicht hatten, und als es dann geschah, konnte in der Servis-
hilfsgelderkasse der buchmäßige Bestand von 1100 rtl. nicht vor-
gelegt werden. Es mußte freilich von einer Kasse in die andere
geborgt werden, um nur für den Augenblick die notwendigen Aus-
gaben leisten zu können. Den Vermögenssteuervorschuß vermochte
keine der städtischen Kassen zu zahlen. Infolgedessen genehmigten
die Stadtverordneten eine Anleihe von 2000 rtl., um die Rück-
zahlung der von der Kämmereikasse aufgenommenen Darlehen zu
ermöglichen; aber auch damit konnte man das Loch nicht stopfen,
denn der Kämmerer präsentierte eine Schuldennachweisung von
2368 rtl. Der Magistrat glaubte, ein Heilmittel für die grenzen-
lose Unordnung in den Kassen darin zu erblicken, daß man alle
Nebenkassen mit der Kämmereikasse verschmelze. Davon wollten
die Stadtverordneten nichts wissen; sie befürchteten mit Recht,
daß dann alle Uebersicht verloren gehen werde. Statt dessen
griffen sie zu einem Radikalmittel, um Ordnung zu schaffen; sie
reichten am 12. Oktober 1812 eine Klage über schlechte Kassen-
verwaltung bei der Regierung in Liegnitz ein, beantragten eine
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Revision des Kassenwesens durch einen Kommissar der Behörde
und eine Zurechtweisung des Bürgermeisters, damit er sich hinfort
der städtischen Angelegenheiten mehr annehme. Die Regierung
sprach den Stadtverordneten ihre Anerkennung dafür aus, daß sie
im Kassenwesen Ordnung schaffen wollten und beauftragte den
Kreiskalkulator Denzin mit der geforderten Revision.
Nicht minder energisch arbeiteten die Stadtverordneten an
der Gesundung der gesamten städtischen Finanzverwaltung. Die
Stadt hatte in den Invasionsjahren 1806/08 30 968 rtl. Schulden
aufnehmen müssen. Mit Recht forderten die Stadtverordneten
Beschränkung der Ausgaben auf das Allernotwendigste, plan-
mäßige Schuldentilgung und Sicherstellung der städtischen Gläu-
biger. Sie fanden hierin aber merkwürdig wenig Entgegenkom-
men beim Magistrat. Einmal wurden Ausgaben angeordnet,
welche zurückgestellt werden konnten, so der Ankauf einer Feuer-
spritze, der Bau einer steinernen Brücke in der Steinauer Vorstadt
und der Bau eines massiven Schäfereigebäudes auf dem Altstädter
Kämmereigute; zum Teil waren die Stadtverordneten hierüber
garnicht gehört worden. Sie verlangten mit Fug und Recht,
daß derartige Ausgaben künftig niemals ohne ihre Zustimmung
gemacht werden dürften. Zur Sicherung der Gläubiger forderte
die Stadtverordnetenversammlung die Anlage von Hypotheken-
büchern und eine landschaftliche Taxe des städtischen Grundbesitzes.
Auch hierbei mußte sie erst den Widerstand des Magistrats brechen,
der die Angelegenheit stetig verschleppte und endlich eine selbst
angefertigte Taxe der Ländereien vorlegte, von der die Stadtver-
ordneten erklärten, sie sei geeignet, den ganzen Kredit der Stadt
zu untergraben. Erst dann bequemte sich der Magistrat, dem Ver-
langen der Stadtverordneten nachzukommen. Die beabsichtigte
Schuldentilgung blieb freilich auf dem Papier, da die Kriegs-
unruhen sehr bald neue Opfer von der Stadt forderten.
Auch in einer anderen Angelegenheit erstritten die Stadtver-
ordneten unter Führung ihres energischen Vorstehers, des früheren
Kämmerers Jüngling, einen vollen Sieg über den Magistrat, der
sich allerdings sehr wenig seiner Aufgabe gewachsen zeigte. Es
schwebte schon längere Zeit die Bildung eines besonderen Schul-
systems und der Bau eines Schulhauses in Altstadt. Die Stadt
war dabei als Besitzerin des Dominiums beteiligt. Bürgermeister
Giersberg ging bei dem von der Regierung anberaumten Termin
derartige Verpflichtungen für die Stadt ein, daß die Stadtver-
ordneten lebhaft gegen diese neue Last protestierten. Sie wiesen
nach - und der Bürgermeister mußte dem recht geben -, daß
die Vertreter des Magistrats sich bei der Abgabe ihrer Erklärungen
nach dem Schulreglement vom 18.5.1801 gerichtet hatten, das
nur für katholische Schulen galt, und daß selbst dieses Reglement
ausdrücklich erkläre, daß in Dörfern, welche in der Nähe einer
Stadt liegen, das Dominium weder zur Erbauung eines Schul-