Das Schloss Kniegnitz und seine Besitzer
Gemeinde Kniegnitz














Lithographie aus der Sammlung Duncker: Schloss Kniegnitz

Hauptfront des Schlosses Kniegnitz im 19. Jh. nach einer Farblithographie der Sammlung Duncker

"Alte Nachrichten fehlen in Folge von Bränden und mehrfachem Besitzwechsel; um 1700 gehörte das Gut der Familie von Falkenhagen, ging gegen Ende des Jahrhunderts in Otto von Tschierschky'schen, später in von Gellhorn'schen Besitz über und wechselte seit 1819 seinen Besitzer siebenmal, bis es im Februar 1867 durch Kauf in die Hände des Oberstleutnant a. D. Paul von Wiedner gelangte. Das Gut, eine halbe Meile von der Kreisstadt gelegen, hat durch Zukauf einiger Rustikalgüter eine Größe von ca. 2700 Morgen. Das Wohnhaus erhielt unter dem jetzigen Besitzer durch Um- und Anbau seine edlere Gestaltung und ist ringsum von Gärten umgeben." (Duncker, Preußische Schlösser, Band 16 S. 934)

Schloss Kniegnitz, Dank an Kazimierz Bełz!

Hauptfront des Schlosses Kniegnitz nach dem Umbau um 1906, Dank an Kazimierz Bełz!

Kniegnitz
von Hans Helmuth von Wiedner im Lübener Heimatblatt 1/1953

Das Rittergut ist, soweit man dies aktenmäßig zurückverfolgen kann, nie lange in der Hand ein- und derselben Familie gewesen. Es gehörte in früheren Zeiten den von Falkenhayn, von Gellhorn, von Ohlen und Adlerscron, von Bindemann und von Keller. Von dieser Familie erwarb es im Jahre 1860 der Oberstleutnant Paul von Wiedner.

Später kam dann das Rittergut Koslitz dazu. Der Genannte war zu jener Zeit eine angesehene Persönlichkeit, der auch manches Ehrenamt bekleidete. Nach seinem Tode im Jahre 1906 übernahm den Besitz sein einziger Sohn, der Major Hans von Wiedner. Mit seiner Gattin Magdalena, geb. von Wietersheim, wurde das Schloß im Innern vollständig modernisiert und ein zweiter Flügel angebaut.

Der 70 Morgen große Park wurde nach den Plänen des Liegnitzer Gartenbaudirektors Stämmler neu gestaltet. Teiche wechselten mit Wiesen und Waldpartien ab, eine Fasanerie wurde geschaffen und die Gärtnerei mit Gewächshäusern versehen. Während die Landwirtschaft nacheinander unter der Leitung der Gutsinspektoren Boer, Schenk, Barkow und Oertel stand, wurde die Gärtnerei von dem aus Gläsersdorf stammenden Gärtner Thiele vorbildlich geführt. Die Erzeugnisse der Gärtnerei wanderten auf einem grauen Lieferwagen zum Markt nach Lüben und Liegnitz.

Der damalige Besitzer starb 1915 an den Folgen des Kriegsdienstes, im Jahre 1932 starb seine Gattin. Die Nachkriegserscheinungen machten sich nach 1918 auch hier bemerkbar. Durch kluge Bewirtschaftung durch den Treuhänder der Osthilfe, Dr. Gorka, und den erfahrenen Landwirt, Gutsinspektor Oertel, gelang es, den Besitz nicht nur zu halten, sondern ihn zu einem ertragbringenden Betrieb emporzuführen.

1945 mußten der letzte Besitzer, Hans von Wiedner, ein Enkel des genannten Majors Hans von Wiedner, und dessen Mutter Annemarie, geb. von Arnim, Kniegnitz verlassen. Das Schloß wurde ausgeplündert und seiner mannigfachen Kunstschätze beraubt.

Erinnert werden soll noch an das sicher manchem alten Lübener bekannt gewesene Fräulein Helene Brühl, allgemein "Tante Lene" genannt, welche im Hause von Wiedner die Stelle einer Tochter vertrat und noch mit 75 Jahren einen Vetter, den Generalleutnant von Hanstein, in Warmbrunn heiratete. Bis dahin hatte sie im "kleinen Kavalierhaus" gewohnt. Sie bildete zusammen mit Fräulein Agnes von Packisch und Fräulein "Maus" von Waldow im Hause der Frau Geheimrätin Sonneck ein amüsantes Kleeblatt.

Schloss Kniegnitz

Rückfront des Schlosses

Schloss Kniegnitz

Hauptfront des Schlosses

Schloss Kniegnitz

Treue Forstbeamte, die die ausgezeichnete Niederwildjagd betreuten, waren die Herren Scheer, Hachenburg und Illgner. Die oft gerühmte Schloßküche stand im Laufe der Jahre unter der Leitung so mancher tüchtigen Ungenannten; besonders zu nennen aber wären die spätere Frau Marie Ponikelsky (Steinauer Straße), Frau Hachenburg und später die im ganzen Kreis bekannte Kochfrau Hinke (eine Tochter des Schmiedemeisters Scholz aus Kniegnitz).

Der heute 80 Jahre alte Kutscher Karl, dessen Pferde nach seiner Ansicht immer die besten im Kreise waren, behielt, auch nachdem das Auto seinen Siegeszug angetreten hatte, seinen bescheidenen Posten. Er war stets der treue Diener seines Herrn. Seine drei Töchter waren ebenfalls im Schloß tätig als umsichtige und tüchtige Hausmädchen.

Die letzten Besitzer von Kniegnitz und Koslitz sind überall verstreut. Hans Helmuth von Wiedner (seit 1935 auf dem Landsitz Villa Herwigsdorf, Kreis Freystadt), seit 1950 mit Jutta-Ursula von Baumer verheiratet, wohnt in Marburg. Rittmeister Hans Rüdiger von Wiedner lebt mit seiner zweiten Frau und einem Sohne in schlechtesten Verhältnissen in Berlin. Frau Annemarie von Wiedner, geb. von Arnim, in Weißenbrunn unterm Walde. Ihr Sohn Hans fand als landwirtschaftlicher Beamter in Hannover eine Anstellung. Er war der letzte Besitzer. Seine Schwester Barbara West lebt in Eltville im Rheingau und die Schwester Magdalena lebt, seit März 1952 verheiratet, mit dem Forstassessor von Heydebrand und der Lasa in Wiesbaden.

Schloss Kniegnitz

Halle des Kniegnitzer Schlosses mit der holzgeschnitzten Nachbildung der Danziger Rathaustreppe



Rittergut Kniegnitz
Hans Helmuth von Wiedner im Lübener Heimatblatt 11/1965

Das Rittergut hat im Laufe seiner Geschichte den Besitzer oft gewechselt. Die v. Falkenhayn, v. Gellhorn, v. Tschierschky, v. Gottwald besaßen es einmal. Im Jahre 1860 kaufte es von dem Kgl. Preuß. Justizrat und Professor an der Universität in Berlin, Friedrich Ludwig v. Keller, mein Großvater, der Oberstleutnant a. D. Paul von Wiedner (1825-1906), der eine Breslauer Patriziertochter, Olga Friesner1, geheiratet hatte, dieser war seinerzeit Adjutant der 11. Infanterie-Division in Breslau, als der spätere Kaiser Friedrich III. Divisionskommandeur war. Die beiden verband nicht nur eine frappante Ähnlichkeit, sondern eine echte Freundschaft. Der Kaiser wurde 1883 der Taufpate des ältesten Enkels von Paul, von Hans-Rüdiger. Das Patengeschenk bestand aus einem schweren, silbernen Becher, der auf drei Kugelfüßen stand, innen vergoldet war und die Initialen des Kaisers trug, in Gold aufgelegt. Derselbe ist 1945 bei mir in Herwigsdorf verlorengegangen.

Paul und Olga von Wiedner hatten nur ein einziges Kind, meinen Vater, Major Hans-Georg Ludwig von Wiedner (1856 bis 1915). Noch im Kriegsdienst, als Adjutant beim stellvertretenden Generalkommando des V. Armeekorps in Posen, verstarb er in Kniegnitz ganz plötzlich. Er war mit einer Cousine, Magdalena von Wietersheim (1862-1932), einer Tochter des Kgl. Preuß. Oberstleutnants Alfred von Wietersheim auf Neuhof und Neuland und der Anna von Kramsta aus der bekannten Leineweberfamilie von Kramsta, verheiratet und hatte vier Kinder. Kniegnitz wurde durch Zukauf des nur durch Ziebendorf getrennten Rittergutes Koslitz mit Vorwerk Friedrichshuld - einem Waldgut - vergrößert. Koslitz, Bahnstation an der Strecke Lüben-Raudten, hat eine gewisse Berühmtheit dadurch bekommen, daß zwei mir namentlich nicht mehr erinnerliche Schriftsteller ein zweibändiges Werk: "Im stillen Winkel" und "Der Elefant" geschrieben haben. Ortsgeschichtlich wäre die Lektüre für Interessenten auch heute noch lesenswert, da - zwar mit veränderten Namen - Orte und Personen der Biedermeierzeit identifizierbar waren (Koslitz hieß: Sandbüchse!). Dabei sei eingefügt, daß mir noch aus dem Buch "Im stillen Winkel" erinnerlich ist: "In Sandbüchse (!) residierte der Amtsrat Wackerow mit einer Anzahl heiratsfähiger Töchter... In seinem Einspänner karrolierte* er oft durch den tiefen Sand über Groß-Rinnersdorf nach Pilgramsdorf und vor allem Eisemost, allwo heiratsfähige Jünglinge anzutreffen waren ..."

Hans und Magdalene von Wiedner hatten vier Kinder: Irmgard (1882-1928) war in 1. Ehe mit Alfred von Löbbecke auf Steinkirch bei Lauban verheiratet und in 2. Ehe mit dem Kgl. Preuß. Generalstabsmajor Ewald von Massow (1875-1947). Dieser war von einem afrikanischen Kommando in die Garnison Lüben zurückgekehrt, und als er im Frisiersalon bei Gottschling weilte, lernte er seine spätere Frau dort kennen, die dem Sohn aus erster Ehe die Haare schneiden ließ. Hans Rüdiger Friedrich Wilhelm (1883-1963), nach dem Kaiser Friedrich Wilhelm III. benannt, war in erster Ehe mit Ilse Wirth aus Lampersdorf, Krs. Steinau, (1899-1954), Tochter des Gotthard Wirth auf Lampersdorf und der Frieda von Neumann und in zweiter Ehe mit Irene Jirotka verheiratet. Letztere war die Tochter eines Prager Professors. Aus beiden Ehe sind insgesamt vier Töchter und zwei Söhne hervorgegangen. Hans Werner Paul (1884-1928), dem in der Erbauseinandersetzung Koslitz zugefallen war, heiratete 1919, als Kgl. Preuß. Major, seine Cousine Annemarie von Arnim, geb. 1892, (deren Mutter war die Schwester meiner Mutter). Er hatte zwei verheiratete Töchter und sein Sohn Hans (geb. 1926) ist mit Gudrun von Gadenstedt, Tochter des Burghard v. Gadenstedt und der Annina Freiin Knigge verheiratet. Letzterer besitzt in Kanada eine Farm; er hat eine Tochter und zwei Söhne. Der oben erwähnte Sohn Hans (1926) war der letzte Besitzer von Kniegnitz, ehe er 1945 mit seinen Schwestern und seiner Mutter Annemarie beim Einmarsch der Russen die Heimat verlassen mußte. Hans Helmuth Alfred Paul (geb. 1892) erwarb 1935 den Landsitz Herwigsdorf, Krs. Freystadt, und lebte dort bis zur Vertreibung im Juni 1945. Verheiratet war er mit Irmgard von Enckevort (geb. 1894) aus Sassenburg in Pommern. Nach der Scheidung heiratete er Jutta-Ursula von Baumer, Tochter des Kgl. Preuß. Obersten a. D. Emil von Baumer und dessen Gattin Elsbeth Enneccerus aus der bekannten Juristenfamilie in Marburg (Lahn). Er ist kinderlos.

Zurück zum Besitz. Den Ansprüchen einer neuen, modernen Zeit nicht mehr entsprechend, bauten Hans und Magdalena von Wiedner 1906 das Schloß um und aus. Innen wurde es fast vollkommen neu erstellt, wo eine Nachbildung der Danziger Rathaustreppe in der Halle, holzgeschnitzt, bemerkenswert war. Äußerlich wurde ein zweiter Flügel angebaut. Baumeister war der Berliner Architekt Ernst Paulus. Der weitläufige Park mit Fasanerie. die ins Feld nach Lüben zu bis an die Mallmitzer Grenze reichte, wurde durch den Liegnitzer Gartengestalter Staemmler angelegt.

Gute bis beste landwirtschaftliche Oberinspektoren haben das ursprünglich nicht besonders ertragreiche Rittergut Kniegnitz zu einem der besten im Kreise Lüben gebracht. Der weitläufige Gemüsegarten wurde vom Gärtner Thiele lange Zeit betreut. Dieser hatte in Gläsersdorf beim Grafen Ballestrem gelernt und war später mit seinen Erzeugnissen eine bekannte Erscheinung auf den Märkten in Lüben und Liegnitz, wo er mit seiner "Muckepicke" allwöchentlich anzutreffen war.

Nicht zu vergessen seien der Kutscher Karl Scholz, der drei Generationen unserer Familie in Treue diente, und seine drei Töchter, die nacheinander im Schloß Hausmädchen waren. Er hatte natürlich die schönsten und besten Pferde im ganzen Kreise. Lediglich die Moltrecht'schen Schimmel aus Groß-Krichen und das Gespann. des Grafen Harrach in Klein-Krichen fanden Gnade vor seinen kritischen Augen. Er hat eisern die späteren Autos überdauert und ist, hochbetagt, bei seiner jüngsten Tochter Grete in Bayern verstorben. Der an sich unbedeutende Wald wurde auch vorbildlich von wechselnden Beamten betreut, und an den Herbst- und Winterjagden haben gern Nachbarn und Verwandte teilgenommen.

Koslitz ist für den Schreiber dieser Zeilen, viel mehr als Kniegnitz, der lichte Punkt unbeschwerter Jugend. Seinen sonnendurchglühten Kiefernnadelduft vermeine ich noch heute zu spüren. Frau v. Geschwendt mit Sohn Wilm, der später die Tochter des Bäckermeisters Vorwerk, Ecke Hindenburgstraße/Breite Straße in Lüben, heiratete, Förster Schulz, Lehrer Furchner und Familie Jäschke sind Personen, bei denen ich in meinen Jugenderinnerungen gern verweile.

Diese Erinnerungen sollen aber nicht abgeschlossen werden, ohne "Tante Lene Brühl" zu gedenken, die manchem Älteren noch bekannt sein wird. Deren Mutter war eine Schwester des Paul von Wiedner und, früh verwaist, wurde sie mit Hans in Kniegnitz erzogen. Sie war der gute, lebhafte Geist in Haus, Hof und Garten, bis sie mit 75 Jahren einen gleichaltrigen Vetter, General Max von Hanstein, in Bad Warmbrunn ehelichte, wo sie nach 10jähriger Ehe bald nach ihm verstarb. Mit Fräulein von Backisch und "Maus" von Waldow in Lüben bildete sie ein dreiblättriges Kleeblatt, dem sich damals die Geheimrätin Sonneck gern anschloß.

*karrolieren, in der Frühzeit des Automobils so viel wie umherkutschieren

Speisezimmer


Speisezimmer


Durchgang zur Halle mit der schönen Treppe


Schloss Kniegnitz

Holzgeschnitzte Nachbildung der Danziger Rathaustreppe
in der Halle des Kniegnitzer Schlosses


1 Diese Ansichtskarte vom
Schloss Kniegnitz vor dem Umbau sandte die Schlossherrin Olga von Wiedner geb. Friesner, 1901 an einen Bekannten.




den 30.6.1901
Herzlichen Dank für Ihr und Ihrer

Damen freundliches Gedenken

meines Geburtstages, den ich

leider ohne die Meinen verleben

mußte, da mein Mann in Neiße

ist, da er an Gicht erkrankt

ist und die Kur dort nicht ab-

brechen kann. Sehr überraschte

es mich neulich, Ihre Damen in

Lüben beim Vorüberfahren zu

sehen. Nach eingezogenen Erkun-

digungen aber wären sie zu meinem

Bedauern, nur ganz kurze Zeit in

Lüben, so daß ich sie leider nicht

sehen konnte. Bitte, verehrter Herr

Graf, grüßen Sie dieselben herzlich

von Ihrer ergebenen Olga v. Wiedner



Die Schrift zu entziffern, fiel mir sehr schwer. Sollte jemand einige Details besser verstehen, bitte ich um Information! Heidi T.