Die Lübener Familien Böer und Fels
Dienstberichte des Landrats  Friedrich Bourwieg vom 27.1.1945 und 27.2.1945














1917 Fritz und Anna Böer mit Willi und Anna

Das älteste erhaltene Foto der Familie Böer. Eine Aufnahme des Lübener Fotografen Fritz Härttwig aus dem Jahr 1917. Es zeigt Fritz Böer (1891-1955) und Anna geb. Petermann (1895-1968) mit ihren beiden Kindern Willi und Gertrud.

1930 Schulanfang von Georg Böer

1924 kam Georg dazu. Das Foto zeigt ihn bei seiner Einschulung am 1. April 1930. Vater Fritz Böer war Tischlermeister. Die Familie wohnte am Ring in dem berühmten Haus Nr. 26.


Sommersingen 1932

Dieses Foto vom Sommersingen in Lüben wurde im März 1932 auf dem Hof der Drogerie Senftleben, Liegnitzer Straße, aufgenommen. Um mehr über den Brauch zu erfahren, geben Sie Laetare oder Sommersingen in das Suchfeld auf der Startseite ein. 1 Die Drogerie-Inhaberin Else Senftleben, 44 Georg Böer. Weitere Namen willkommen!


Georg und sein Vater Fritz Böer am Himmelfahrtstag 1939 in der Oberförsterei Lüben

Georg und sein Vater an Himmelfahrt 1939 auf einem Ausflug in der Oberförsterei Lüben

Georg und Helene 1942 im Stadtpark

Georg und seine große Liebe Helene, am 30. Juli 1942 im Stadtpark Lüben. Am nächsten Tag musste Georg in den Krieg. Nie wieder würde er so auf einer Parkbank sitzen können... Lesen Sie seinen Bericht!



1939: Helene Fels, Lehrling bei Friseur Kulbe in der Breiten Straße 24

1939: Helene Fels, Lehrling bei Friseur Kulbe in der Breiten Straße 24


Familie Fels zog am 1. September 1939 von Liegnitz nach Lüben. An diesem Tag begann mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen der Krieg, der auch über die beiden Familien Böer und Fels so viel Leid bringen sollte.

Der Vater Paul Fels (1898-1981) stammte aus dem Kreis, die Mutter Elly Fels geb. Mannchen (1903-1987) aus der Stadt Liegnitz.

Seit 1936 war Paul Fels in Lüben in der Kraftfahrzeug-Werkstatt der Kaserne beschäftigt. Deshalb hatte die Familie beschlossen, dorthin in eins der schönen neuen Häuser der Moltkestraße umzusiedeln.

Elly Fels wurde bald nach Kriegsausbruch zum Lübener Fliegerhorst in die Telefonzentrale dienstverpflichtet, Paul Fels zum Militär eingezogen und dem Werkstattzug der Kaserne zugeteilt.

Rechts sehen wir Elly Fels mit ihren beiden Töchtern Lenchen und Erika im Jahr 1941. Die beiden Mädchen lebten sich schnell in Lüben ein.

Wie man sich kennenlernte, beschreibt Georg Böer folgendermaßen: "Eine Lübener Spezialität war die nachmittäglich oder abendliche Runde um den Ring. Jungen und Mädchen zogen auf Gegenkurs um das Rathaus, in jeweils kleinen Grüppchen. Da hat sich so manches zusammengefunden. An jungen Männern war ja kein Mangel, denn die waren ja durch Arbeitsdienstlager, Kaserne und Fliegerhorst zahlreich vertreten."

Ob sich die beiden Jüngsten der Familien Böer und Fels, Georg und Helene (Lenchen), dort kennenlernten, verschweigt Georg Böer. Aber die Liebe zwischen beiden überstand Krieg und Leid und wurde im Jahr 2011 durch die Eiserne Hochzeit gekrönt!
1941 Elly Fels mit den beiden Töchtern Helene und Erika



Hildelotte Münster, Georg Böer, Waldemar Scholz, Anneliese Münster, Kurt Wilhelm, Heinz Gittig, Werner Gittig

Im Steingarten im Park um 1938
1 Hildelotte Münster aus Berlin (Cousine von Heinz Gittig), 2 Georg Böer, 3 Waldemar Scholz (1922-1976, Kinovorführer im DELI-Kino),
4 Anneliese Münster (Schwester von Hildelotte), 5 Kurt Wilhelm (* 1923), 7 Heinz Gittig, 8 Werner Gittig

Zu diesem Foto schreibt Georg Böer: "Heinz Gittig und Kurt Wilhelm waren meine Freunde, mit denen ich meine Segelflugbegeisterung geteilt habe. Heinz war der Älteste von uns dreien, ich der jüngste mit fast einem Jahr Unterschied. Wir besuchten die gleiche Klasse der Volksschule. Rektor Riedel war unser Klassenlehrer, und er nannte die acht Schüler in den hinteren beiden Reihen seine "Säulenapostel", von denen er besondere Aufmerksamkeit erwartete.

Nach der Schulentlassung wurde Heinz bei der Stadt angestellt, Kurt und ich in der Pianofabrik. Kurt machte eine Lehre als Industriekaufmann und ich eine als Betriebsschlosser. Inzwischen hatte Lüben einen Fliegerhorst. Aus dem Deutschen Luftsportverband war das NS-Fliegerkorps entstanden und als Jugendgruppe die Flieger-HJ gegründet worden. Da waren wir sofort dabei. Wir waren etwa acht junge Leute. Statt langweiliger Heimabende wurden Flugmodelle gebaut und handwerklich Geschickte bauten ein Übungs- und Schulflugzeug.

Gleichzeitig wurde uns Gelegenheit gegeben, einmal wöchentlich im Fliegerhorst gemeinsam mit den Soldaten Funkbetrieb und Lufttechnik zu erlernen. Morsealphabet! Sprachfunk gab es noch nicht.

Gelegenheit zum Fliegen gab es in Goldberg auf dem Wolfsberg. Dorthin fuhren wir am Wochenende, um ein paar Starts und schließlich die Segelflugprüfung A zu machen. Das waren jeweils 30 km mit dem Fahrrad! Aufgrund seines Alters wurde Heinz als erster zur Wehrmacht einberufen. Kurt und ich blieben der Fliegerei treu, legten die B- und C-Prüfung ab und durften dann mit Stolz das Abzeichen mit den drei Schwingen auf blauem Grund tragen. Dann wurde es ernst. Wir wurden zur Untersuchung auf Flugtauglichkeit zum Luftgau nach Breslau vorgeladen und erwarben im Fliegerhorst Liegnitz per 1.11.1941 den amtlichen Luftfahrerscheines Kl. I.

Zweiter von links Georg Böer bei der Segelfliegerausbildung

Bei der Segelfliegerausbildung. Zweiter von links Georg Böer.

Die Starts erfolgten im Flugzeugschlepp. Wir erwarben auf diese Art und Wiese auch die Befähigung zu dieser Startmethode. Das Schöne für mich: Der Flugplatz lag am Stadtrand von Liegnitz, Richtung Neuhof, dort lebten meine Großeltern. Das Haus lag genau in meinem Kurs zum Landeanflug, da hatte ich nur noch ca. 250 bis 300 Meter Höhe, dann kam nur noch die 90 Gradkurve über dem Bahnhof Neuhof, Landeklappen ziehen und ziemlich genau neben dem 500 Meter voran liegenden Landekreuz aufsetzen.

Kurt war Brillenträger und wurde aus diesem Grunde mit der Befähigung für Beobachter, Bordfunker oder Schütze eingestuft. Da trennten sich unsere Wege und erst nach dem Kriege haben wir uns wiedergesehen. Ich bekam eine Einberufung zu einem Lehrgang an der Reichssegelflugschule Schwangau/Allg. zur Ableistung von mindestens 20 Flugstunden, was Voraussetzung für den Erwerb des nächsten Luftfahrerscheines Kl. III war.

Im Frühsommer wurde ich dann zur Reichssegelflugschule Trebbin bei Berlin einberufen, um den Luftfahrerschein Kl. II zu erwerben. Nun durfte ich Passagiere befördern. Dann kam auch bald der Gestellungsbefehl. Ich mußte am 1. August 1942 zum Fliegerregiment 11 in Berlin-Schönwalde einrücken. Am 1. April 1943 wurde ich nach Wertheim/Main versetzt. Das sah nicht nach Flugschule aus. Dort standen nur Stuka Typ Ju 87 und große Lastensegler, die wir vorher noch nie im Original gesehen hatten. Aber uns war klar, daß wir diese schweren Lastensegler fliegen sollten, die 1250 Kilo, also ein und eine Viertel Tonne Fracht oder 11 Fallschirmjäger mit voller Bewaffnung und Ausrüstung tragen konnten. So einen Klotz in die Luft zu kriegen, schaffte die JU 87 mit ihren 1600 PS Motor und 40 Meter Schleppseil. Dafür hätte uns "das Vaterland" die Ausbildung auf Super-Seglern bezahlt, eröffnete uns der Staffelkapitän...

So kamen wir zur großen Winteroffensive am 16. Dezember 1944 zum Einsatz. In der Eifel - belgischer Grenzraum - mußten wir im Morgengrauen erkunden, wo der Gegner lag. An so einem Spähtrupp war ich am 22. Dezember beteiligt. Da brach von der Gegenseite ein Feuerhagel los, bei dem ich schwer verwundet wurde. Als Folge mußte mir der linke Oberschenkel amputiert werden und an der linken Hand gab es Knochenbrüche durch Splitterverletzungen. Da war für mich der Krieg zu Ende und auch so manche Zukunftsillusion."

Georg Böer (1924-2013), aufgeschrieben im Jahr 2012

Georg Böer 1941 mit dem Segelflugabzeichen der Stufe A

Georg Böer 1941 mit dem Segelflugabzeichen der Stufe A