Hugo Schoen (1841-1918) - Superintendent in Lüben
Brief von Paul Schreiber 1945 an Fritz Müller














Superintendent Hugo Schoen (1841-1918)
und seine Familie

Wenn wir einen Blick in die Faulhaberstraße werfen, so werden wir an unseren längst verstorbenen Superintendenten Hugo Schoen erinnert, über den auch Pastor Klose in seiner Lüben-Chronik berichtet.

Hugo Schoen wurde am 31. März 1841 in Hönigern (Kr. Oels) als Sohn eines Lehrers geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums zu Oels ging er zum theologischen Studium zur Universität nach Breslau (1861-1864). Am 17. Februar 1870 ordiniert, kam er am 13. November 1870 als Archidiakonus nach Lüben. Am 1. März 1891 wurde er Pastor prim. und im Jahre 1895 Superintendent. Nach segensreichem Wirken trat Hugo Schoen am 1. April 1913 in den Ruhestand und verbrachte bis zu seinem Tode am 17. April 1918 seinen Lebensabend in der so schönen Villa in der Faulhaberstraße.

Vermutlich wohnte Familie Schoen in der Faulhaberstr. 3, in dem besonders schönen Haus, das später Bürgermeister Hugo Feige bewohnte.

Aus seiner Familie sei noch berichtet, daß seine Ehefrau (Helene?) aus Berlin stammte und am 15. Januar 1939 in Lüben verstarb. Aus der Ehe gingen Sohn Karl, der viele Jahre als Kaufmann in Rußland lebte, und vier Töchter hervor. Nach dem Vorbild der älteren Schwester Johanna ergriffen auch die drei anderen Töchter diesen Beruf. Eine Tochter, Maria Schoen, war bis zur Flucht als Lehrerin an der Lübener Oberschule tätig, sie verstarb auf der Flucht. Die uns noch als Handarbeitslehrerin der Höheren Töchterschule bekannte Dora Schoen, jahrelang an den Rollstuhl gefesselt, verstarb am 25. März 1948 im Erzgebirge. Im Dezember 1952 verstarb Sohn Karl Schoen und im Dezember 1954 Käthe Schoen als Letzte des Hauses Schoen.

Lübener Heimatblatt 8/1955


Über die Töchter wird außerdem im Lübener Heimatblatt 19/1959 berichtet:

Maria Schoen wurde am 6. Januar 1886 als Tochter des in Lüben amtierenden Superintendenten Hugo Schoen geboren. Sie hatte drei Schwestern und einen Bruder. Auf Zureden der ältesten Schwester Johanna, die sich als Lehrerin außerordentlich glücklich fühlte (und laut Klose-Chronik zumindest zeitweise auch Lehrerin an der Höheren Töchterschule Lüben war), ergriff auch Maria Schoen diesen Beruf. Sie besuchte in Liegnitz das Seminar von Frau Pastor Jähner und bestand 1907 ihr Lehrerinnenexamen.

Zunächst ging sie als Hauslehrerin nach Pommern und erfüllte damit einen Wunsch ihres Vaters. Später ging sie nach Paris, um ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und legte dort ihr Sprachexamen ab. Nach Rückkehr nahm sie in Glatz eine Vertretung an einer Schule an, bis sie im Jahre 1910 an der Höheren Töchterschule zu Lüben eine Anstellung erhielt. Zwischendurch machte sie 1912 in Berlin ihr Examen als Handarbeitslehrerin. Einige Jahre hatte Maria Schoen die unteren Klassen, gab aber in oberen Klassen Sprachunterricht. Da sie im Laufe der Jahre zwei schwere Operationen durchzumachen hatte, mußte sie längeren Urlaub nehmen. Der sehr angegriffene Gesundheitszustand mag ihr oft das Unterrichten nicht leicht gemacht haben. Sie war aber dann, wenn sie tätig war, eine korrekte Lehrerin, die ihren Beruf ernstnahm. Da, wo sie Fleiß feststellte, aber das Mitkommen gefährdet war, nahm sie sich dieser Fälle außerhalb der Schule helfend an. Ihr Bemühen, in die Kinderseele Einblick zu tun, mag ihr nicht immer gelungen sein.

Als die Höhere Töchterschule 1932 aufgelöst wurde, entschieden die Stadtverordneten, auch Maria Schoen als Lehrkraft für die Oberschule zu übernehmen. Für sie selbst war diese Umstellung nicht leicht, da sie sich gesundheitlich nicht allem gewachsen sah. Trotzdem setzte sie alle Kraft ein, und es kann behauptet werden, daß es ihr gelang. Sie fand nach ihrem eigenen früheren Versichern in ihrem Chef, dem Oberstudiendirektor Vetter einen liebenswürdigen stets zur Hilfe bereiten Vorgesetzten.

Durch die Kriegsereignisse verließ auch sie im Januar 1945 Lüben. Sie ging mit ihren zwei Schwestern - Dora und Käthe - auf die Flucht. Zu dem bestehenden Herzleiden kamen weitere Erkrankungen dazu, und diese haben ihr zu allem seelischen Leid viel körperliche Schmerzen gebracht. Sie ist am 28. April 1945 in Komotau (Sudetenland) verstorben. Angeblich soll sie durch Tieffliegerbeschuß verwundet worden sein.

Maria Schoen um 1940 in der Schulpromenade

Ihre Schwester Dora Schoen wurde am 26. Juni 1880 in Lüben geboren. Sie hatte die Ausbildung und Prüfung als technische Lehrerin im Lettehaus erhalten, und so wurde sie auch für Handarbeit und Zeichnen im Jahre 1916 an der Höheren Töchterschule eingestellt. Sie war eine fleißige Frau, die ihren Beruf liebte. In den Jahren des 1. Weltkrieges war es oft nicht leicht, Handarbeit zu lehren, da die entsprechenden Hilfsmittel überhaupt nicht oder nur knapp zur Verfügung standen. Es ist ihr aber gelungen, das alles zu überbrücken. Sie war sehr beliebt und stand mit den anderen Kolleginnen im guten Einvernehmen.

Eine schwere Krankheit nahm immer mehr über ihren Körper Gewalt, sie war insgesamt 22 Jahre gelähmt. In geistiger Beziehung blieb sie rege und interessiert und ihre nie ruhen wollenden Hände schufen viele schöne Handarbeiten. Nach der Flucht kam sie mit ihrer Schwester Käthe ins Erzgebirge und hier war sie die, die zu einem großen Teil durch ihrer Hände Arbeit den Unterhalt verdiente. Sie hat ihr schweres Los mit großer Geduld getragen und war ihrem Herrgott dankbar, nicht untätig sein zu müssen, sondern durch die gesunden Hände bis zuletzt arbeiten zu können. Am 15. März 1948 ist sie sanft eingeschlafen.


Das ist alles, was über die Familie zugänglich ist. Um so erstaunlicher ist eine Entdeckung von Marcin Owczarek auf dem Friedhof Lubin im Jahr 2014! Hinter einem Grabstein sah er zufällig ein Mäuerchen, in dem er einen Ziegelstein mit Schriftzeichen erkannte. Er konnte die Buchstaben nicht entziffern... bis er bemerkte, dass es eine deutsche Inschrift war und der Stein verkehrt herum eingebaut worden war! Entweder weil niemand die Buchstaben lesen konnte oder weil es in Zeiten geschah, als alles Deutsche abgelehnt wurde.

Wenn man das Foto auf den Kopf stellt, da ist plötzlich der Name SCHOEN zu lesen! Und ein Sterbedatum † 15.1.1939!

Das Sterbedatum und der Name lassen darauf schließen, dass dies einst der Grabstein der Ehefrau des Superintendenten Hugo Schoen war! Mehr ist über die Ehefrau nicht bekannt, der Vorname könnte Helene gewesen sein, weil eine Postkarte von 1901 mit einer solchen Unterschrift existiert, wir wissen kein Geburtsdatum und auch nicht, was dieses "...hlberg" bedeutete. Aber mit ziemlicher Sicherheit können wir davon ausgehen, dass dies eine kleine Erinnerung an die Familie Schoen ist. Dank an Marcin Owczarek, der Lubin so aufmerksam nach den Spuren der Deutschen durchsucht!