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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 276/277
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neuen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt für etwa 1000 Kranke
beschloß, befand sich auch Lüben unter den Städten, welche ihre
Angebote machten, und es kam in die engere Wahl. Diesmal
begriffen die Stadtväter die Gunst des Augenblicks besser als
20 Jahre früher, wo sich der Stadt die gleiche Gelegenheit geboten
hatte. Damals - 1881 - forderte die Provinz 19 Hektar unent-
geltlich, und die Stadt bot 5 Hektar, die übrigen zum Preise von
25 000 Mark. Damit waren die Verhandlungen zu Ende. Jetzt
hatte die Stadt 125 Hektar zu beschaffen, davon 50 unentgeltlich,
das bedeutete ein Opfer von ca. 100 000 Mark. Im November
1901 wurden zwischen der Provinzialverwaltung und der Stadt
die Verträge abgeschlossen, welche den Bau von 40 Gebäuden vor-
sahen, die im Notfalle 1600 Kranken Aufnahme gewähren konnten.
Am 6. Januar 1902 ward der erste Spatenstich getan, und am
6. November 1905 fand die Abnahme durch die Beamten der
Provinzialverwaltung statt, am 16. November 1905 trafen die
ersten Pfleglinge ein. Seitdem ist die Anstalt unter der Leitung
ihres hochverdienten ersten Direktors, des Geh. Sanitätsrats Dr.
Simon, der 1914 in den Ruhestand trat, nach allen Seiten aus-
gebaut worden. Sie bildet einen Stadtteil für sich, überragt von
der Kirche, die den alten Kavalierberg krönt. Zum Nachfolger
des Direktors Dr. Simon wurde Sanitätsrat Dr. Schubert
berufen.
Der städtische Grundbesitz war duch das abgegebene Areal
stark verringert worden; aber der Verlust wurde bald wieder
ergänzt. Die Stadt kaufte im Herbst 1901 zwei Besitzungen in
Altstadt (Fluche und Trautmann), die 98 Hektar umfaßten, für
156 000 Mark; von der einen wurde ein Restgut abverkauft. Der
Altstädter Besitz wurde 1912 durch den Ankauf des Tieslerschen
Vorwerks mit ca. 31 Hektar vergrößert. Bedeutungsvoller wurde
der Ankauf der Rittergüter Gühlichen (für 165 000 Mark), Buchen-
grund (für 158 000 Mark) und Guhlau (für 315 000 Mark). Die
Ankäufe erfolgten in den Jahren 1904-1906; sie dienten in erster
Linie zur Abrundung des Forstbesitzes, der von 813 Hektar im
Jahre 1881/82 auf ca. 1400 Hektar gewachsen ist. Das neue
Oberförsterei-Dienstgebäude wurde 1907/08 errichtet. Der
städtische Grundbesitz an Äckern und Wiesen betrug 1881/82
222 Hektar, 1914 ca. 230 Hektar.
Auch im Stadtinnern wurde wertvoller Besitz erworben, ein-
mal um Promenaden zu erweitern und Straßen zu verbreitern
und dann, um Terrain zur Hand zu haben, falls es die zukünf-
tige Entwicklung der Stadt erforderte. Es sei erinnert an den
Ankauf der Häuser vor dem Glogauer Tor (1899) für das Amts-
gericht
und die Promenaden, an den Erwerb des Stadtgartens
(1903), des Grundstücks Haynauer Straße 15 (1903), der Wiesen
des evangelischen Gemeindehauses (1904), des sog. Förstergartens
(1905), des Fischerschen Grundstücks Steinauer Straße 57 (1906),
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des Mittmannschen Grundstücks Wallstraße 5 (1911), der Schlaffke-
schen, Krockschen und Schützeschen Grundstücke (Wasserpromenade
1, 10 und 11). Untere städtischer Regie entstanden das Einfamilien-
haus für Offiziere auf der Bahnhofstraße (1910), das Doppel-
wohnhaus Bahnhofstraße 2 nach Niederlegung des alten Armen-
hauses (1909), die Familienhäuser an der Faulhaberstraße (1911)
u. a. mehr. Des Ausbaus der Stadtziegelei und der Gasanstalt,
der Errichtung des Wasserwerks und der Vollendung der Ent-
wässerungsanlagen ist bereits gedacht worden; die Regulierung
der Kalten Bache im Stadtinnern wurde 1919 beschlossen.
Hervorragende Verdienste hat sich Bürgermeister Faulhaber
auf dem Gebiet des Schulwesens erworben, worüber an anderer
Stelle noch ausführlich berichtet ist. Es seien hier nur die Haupt-
daten genannt: Am 12. April 1907 beschlossen die Stadtverordneten
die Errichtung eines Realprogymnasiums und erhielten am 12. Fe-
bruar 1908 die Genehmigung hierzu. Am 7. Mai 1910 wurde
der Grundstein zum Gymnasialgebäude gelegt, am 6. Mai 1911
ward es eingeweiht. Am 15. April 1910 wurde der Ausbau der
Vollanstalt beschlossen und am 11. November 1911 vom Minister
genehmigt. In Verbindung mit dem Gymnasialgebäude entstand
das Dienstgebäude für den Direktor; die Frequenz des Gym-
nasiums ist durch die 1908 und 1910 eröffneten städtischen Alum-
nate
gesichert. Die bisherige private Töchterschule wurde vom
1. April 1910 ab auf den Kommunaletat übernommen, nachdem
ein staatlicher Zuschuß von 2000 Mark gewährt worden war. Die
städtische Volksschule erhielt durch den Umbau des alten Schul-
gebäudes im Jahre 1909 ein fast neues, jedenfalls den modernen
Anforderungen entsprechendes Heim. Der Bau einer Turnhalle
für sämtliche Schulen der Stadt steht in Aussicht.
Für die räumliche Entwicklung der Stadt wurde durch die
Neuvermessung in den Jahren 1907-1909 und durch die Fest-
stellung eines Bebauungs- und Fluchtlinienplans eine feste
Grundlage geschaffen. Durch den am 8. Juli 1910 beschlossenen
Ankauf des Hörnerschen Grundstücks (Bahnhofstraße 7) wurde die
Erschließung des Geländes zwischen der Schulpromenade und der
Bahnhofstraße vorbereitet. Am 17. März 1911 bewilligten die
Stadtverordneten die erforderlichen Kosten (22 000 Mark) zum
Ausbau der neuen Straße, welche am 17. November 1911 den
Namen Faulhaberstraße erhielt. Schon früher waren die städti-
schen Promenaden reguliert und erweitert worden; dem Schiller-
park
(1905) folgte der Rosengarten (1911), nur der Stadtpark an
der Wasserpromenade ist noch nicht Wirklichkeit geworden.
So ist im Laufe der letzten 15 Jahre durch alle Zweige der
Kommunalverwaltung ein frischer, schaffensfroher Zug gegangen,
und die Stadt hat allenthalben unter der zielbewußten Leitung
ihres Bürgermeisters und dank des verständnisvollen Zusammen-